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antwortung zu ziehen. Ich bin überzeugt, daß sie diesem
Auftrag gemäß handeln wird.
Die agrarische Handelsvertrags- und Veterinärpolitik.
Außer der auswärtigen Staatspolitik kommt die
Handelsvertragspolitik in Betracht. Denn nicht der Zolltarif
allein entscheidet. Der autonome Zolltarif gibt die allgemein
gültigen Zollsätze an, die so lange und so weit gelten, als mit
einzelnen Staaten nicht besondere Vereinbarungen getroffen
sind. Auf Grund des autonomen Zolltarifs begeben sich die
Unterhändler unseres Staates zu denen der anderen Staaten
und vereinbaren Handelsverträge. Durch diese Handels
verträge werden einzelne Zollsätze des autonomen Tarifs in
der Regel um einige Stufen ermäßigt. Die vereinbarten
Herabsetzungen kommen sofort allen „meistbegünstigten"
Staaten zugute und der so vereinbarte Tarif heißt zum
Unterschied vom autonomen der Vertragstarif. Dadurch
wird wenigstens ein Teil dessen gutgemacht, was im auto
nomen Tarif verfehlt ist. — Die Kongreßmitglieder haben
ja ihre roten Büchel, die Berichte der sozialdemokratischen
Fraktion über ihre Tätigkeit im Parlament, zu Hause, worin
sie finden, wie wir uns von 1907 bis zum letzten Sommer
beständig um die Durchsetzung einer freieren Handelspolitik
bemüht haben. Aber allen unseren Mahnungen zum Trotz
wurden die Verhandlungen nicht im Sinne der vermehrten
Handels- und Verkehrsfreiheit, sondern im Sinne der Ab
sperrung geführt. Im Jahre 1906 war noch ein relativ nicht
allzu ungünstiger Handelsvertrag mit Serbien von den
Unterhändlern vorbereitet worden. Dieser Vertrag der Re
gierungen wurde in treuloser Weise von den agrarischen
Parlamentsmehrheiten zerrissen und endlich feige von unserer
Regierung im Stiche gelassen. Seither kamen Handelsverträge
mit den Balkanstaaten zustande, durch die zwischen ihnen und
uns eine Scheidewand aufgerichtet und die Einfuhr von
Lebendvich verboten wurde. Industrie und Konsumenten
sollten getröstet werden mit der Zulassung von etlichen Tau
senden geschlachteter Rinder und geschlachteter Schweine. Mit
diesem Viehleichenschacher sollten unsere Nahrungs-
bcdürfnisse, die Exportbedürfnisse unserer Industrie abge
speist werden. Sie wissen ja auch, wer in der Sache der Haupt
schuldige ist. Wie Hohenblum der Zollpolitik, so gibt dieser
verbrecherischen Handelspolitik Weiskirchner den Namen.
Mag er sich auch noch so sehr wehren, mag er tausendmal seine
Hände in Unschuld, waschen wollen, er ist der Schuldige und