Full text: Die Aera Hohenblum - der Ruin unserer Staats- und Volkswirtschaft!

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Nicht genug Fleisch! Trotzdem Viehausfuhr! 
Die Agrarier sagen, die Weisheit des Zollsystems be 
ruhe darin, daß jedes Volk sich selbst verpflege. Wie kommt 
es jedoch, daß sie dann selbst noch Vieh ausführen? Wieso 
dürfen sie dann, während hier der Vichstand zurückgeht, noch 
unseren Nahrungsspielraum durch Ausfuhr verkürzen? 
An Rindern*) wurden mehr ausgeführt als eingeführt 
im Jahre 1002 162, 1003 166, 1004 143, 1905 104, 1006 104, 
1907 78, 1008 101, 1909 138, 1910 91 Tausend Stück. Es 
sind also in diesen neun Jahren um 1,182.000 Stück Groß 
vieh mehr ausgeführt als eingeführt worden. Die Agrarier 
haben die österreichische Volkswirtschaft und den Tisch der 
Konsumenten um V/ 6 Millionen Rinder beraubt. Sie hatten 
uns aber versprochen, daß sie das Land ganz verpflegen wer 
den, daß nur das Land dem Lande dienen solle. Warum be 
trügen sie uns um 1,182.000 Stück Rinder? Wäre es nicht 
zumindest recht und billig, daß sie soviel als sie ausführen, 
uns an Ucbcrsecfleisch einzuführen gestatten? Dann wäre 
ihr eigenes Argument auf ihren Lippen nicht eine nackte 
Lüge. Sie haben diese Ausfuhr zu lohnenden Preisen ge» 
pflegt und im Lande den Fleischkonsum unterbunden. 
Wenn ein Artikel im Quantum geringer wird, steigt 
der Preis; was da ist, wird in der Regel auch genossen. Beim 
Fleisch war das anders. Das Volk hat sich entwöhnt, Fleisch 
zu genießen, weil der Preis für die zahlreiche Unterschichte 
des Volkes unerschwinglich geworden ist. Dadurch ist Unter 
konsum entstanden und dieser wird sich zeigen in höherer 
Kindersterblichkeit und in größerer Zahl tuberkulöser Kinder! 
Selbst die Landwirtschaft geschädigt! 
Hat aber die Landwirtschaft selbst Vorteil davon ge 
habt? Die großen Agrarier schon! Aber die Landwirtschaft 
im ganzen als Wirtschaftszweig nicht und der kleine Land 
wirt auch nicht. Als ich das im Jahre 1907 im Parlament 
voraussagte, wurde ich umhcult von der ganzen Mente der 
Agrarier. Nun kommt aber ein ungarischer Agrarier, der 
frühere Ministerpräsident Wekcrle, und konstatiert: 
„Es ist unbczwcifelbar, daß aus die Passivität der 
Handelsbilanz auch die handelspolitischen Verfügungen Ein 
fluß übten, wenn sie auch keineswegs die entscheidende 
Ursache (O doch!) der Passivität bilden. Es ist richtig, 
•) Ochsen, Stiere, Kühe, Jungvieh inbegriffen, Kälber aus 
geschlossen.
	        
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