Full text: Die Aera Hohenblum - der Ruin unserer Staats- und Volkswirtschaft!

32 
Die Lebensmittelzölle verteuern die Lebenskosten der Arbeiter 
und zwingen ihnen Lohnkämpfe ausl 
Nohstoffzölle und die durch die Kartelle restlos ausgenützten Trutz- 
zölle der schweren Industrie verteuern den verarbeitenden Industrien 
die Materialien und erhöhen ihre Produktionskosten! 
Die hohen Lebensmittelpreise zehren allein das Einkommen der 
Massen auf, erübrigen ihnen wenig oder nichts für Jndustrieprodulte 
und untergraben den inneren Markt der Industrie! 
Die hohen Produktionskosten erzwingen hohe Produktionspreise 
und machen die Industrie auf dem Weltmarkt konkurrenzunfähig! 
Vergebens suchen die Erzeuger von Halb- und Ganzfabrikaten 
diese Nachteile durch Kompensationszölle auszugleichen. 
Un>er Zollsystem schützt also nicht, es unterbindet die industrielle 
Entwicklung. Unser Zollsystem hat uns gehindert, neue Märkte zu er 
schließen; unsere Handelsvertragspontik und insbesondere unsere 
Veterinärpolitik hat uns die alten Märkte versperrt. Und trotzdem, trotz 
dieser Schädigung ihrer eigensten, materiellen Interessen unterläßt die 
Unternehmerschaft jede ernste Abwehr, ja sie huldigt dem frivolsten 
Handelsminister, der je mit ihren Interessen sein Spiel getrieben, von 
neuem! Sie gibt sich eine untaugliche, halb zütiftlerische, halb agrarische 
politische Vertretung, welche den Aufgaben moderner Wirt 
schaftspolitik verständnislos gegenübersteht und das Parlament des 
allgemeinen Strmmrechts durch kleinliche Quertreibereien zur Kari 
katur einer Volksvertretung macht. 
Die Befürchtung ist nur zu berechtigt, daß unser industrielles 
Bürgertum auch vor 1917 wieder versagen und den ihm gebührenden 
Einfluß auf die Staatspolitik nicht zur Geltung bringen wird, obwohl 
die industriellen Klassen heute den Staat erhalten, die Arbeiter 
durch die indirekten, die Unternehmer durch die direkten 
Steuern. 
Es scheint schon einmal das Los der österreichischen Arbeiterklasse 
zu sein, erst alle Voraussetzungen des bürgerlichen Staates er 
kämpfen zu müssen, die überall ,onst die Bourgeoisie vor ihr geschaffen 
hat! Englands Industrie ist groß geworden, nachdem seine Bour 
geoisie in jahrzehntelangem Feldzug die Korngesetze zu Fall gebracht 
hat. Oesterreichs Industrielle aber ziehen es vor, die wirtschaftliche Zu 
kunft des Landes der Habgier der Feudalngrarier zu opfern! 
Die österreichische Arbeiterklasse fühlt die volle Verantwortung 
für die Entwicklung zum I n d u st r i e st a a t, ohne die Land 
und Volk verarmen und der Staat finanziell und kulturell verelenden 
müssen, sie erwartet jedoch, daß auch alle anderen industriellen Schichten 
von nun an bis 1817 ihre Pflicht tun, damit dem Industriestaat 
zum Sieg verholfen werde. 
Im Namen der österreichischen Arbeiterklasse fordert der Gewerk 
schaftskongreß die sozialdemokratischen Parteien und ihre Vertreter im 
Abgeordnetenhause auf: 
mit aller Macht zum Entscheidungskampf des Jahres 1917 zu 
rüsten, und unter Wahrung des prinzipiellen, vom Kongreß gebilligten 
Standpunktes der Verkehrs- und Handelsfreiheit zivischen allen Staaten 
der Welt, jede Maßregel zu unterstützen und jedes 
Mittel zu ergreifen, wodurch der allgemeine Abbau des Hoch 
schutzsystems eingeleitet und beschleunigt, insbesondere aber die Zölle 
auf Lebensmittel, die Roh st off- und Kartellzölle be 
seitigt, und die Politik freier Handelsverträge zum Durch 
bruch gebracht werden können.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.