Oesterreichs Handelspolitik.
Geehrte Kongreßmitglieder!
Der Kongreß der österreichischen Gewerkschaften tagt
von drei zu drei Jahren. Wenn die Vertrauensmänner der
Werkstätten sich wieder versammeln werden, schreiben wir
das Jahr 1016 und stehen unmittelbar vor der Entscheidung
über den neuen Zolltarif und die künftigen Handelsverträge,
also unmittelbar vor dem wichtigen Jahre 1917. Der dies
jährige Kongreß ist also der letzte bis knapp vor den ent
scheidenden Kämpfen und hat darum die Pflicht, der Ar
beiterklasse Oesterreichs für sie das Stichwort zu geben.
Das handelspolitische System, auf dem heute die österreichische
Volkswirtschaft beruht, ist im Jahre 1906 begründet worden,
in dem der Zolltarif in Kraft trat, und der Ausgleich mit
Ungarn, der 1907 auf zehn Jahre geschlossen wurde, hat es
auf zehn Jahre festgelegt. Noch ist die zehnjährige Periode
nicht ganz abgelaufen, aber schon sehen wir deutlich, wohin
uns das System des Hochschutzcs geführt hat.
Meine Aufgabe wird zunächst sein, für die a b g e-
1 a u f e n e Zeit darzustellen, wie sich unsere Volkswirtschaft
während dieser sechs Jahre entwickelt hat. Die Statistik
führt Buch über die wichtigsten Wirtschaftsdaten, sie führt
vor allem Buch über unseren auswärtigen Handel, der einen
wesentlichen Einfluß auf unsere Volkswirtschaft ausübt. So
können wir schon heute die Bilanz der bisherigen Entwick
lung von 1907 bis 1912 ziehen. Die Handelsstatistik ist also
die erste Quelle, aus der wir Erkenntnis über unsere viel
gepriesene Hochschutzzollära schöpfen können.
Die Handelsbilanz.
Die Volkswirtschaft eines Staates kann als ein ein
ziger großer Betrieb ins Auge gefaßt und wie ein einzelnes
Unternehmen bilanziert werden. Oesterreichs Volkswirtschaft
hat in diesen Jahren bestimmte Mengen von Produktions
mitteln und Konsumgütern aus dem Ausland zugeführt,
bestimmte Mengen davon ausgeführt. Aus dem Vergleich
beider ergibt sich die erste wichtige Unterscheidung, die zwischen
einer aktiven und einer passiven Handelsbilanz. Man
spricht von einer aktiven Handelsbilanz, wenn die Ausfuhr