Full text: Das Retablissement Ost- und Westpreußens unter der Mitwirkung und Leitung Theodors von Schön

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etwa 900 1 ). Dieser schwindelhaste Güterhandel war nur ermöglicht durch 
eine ungesunde Ausdehnung der Schuldenwirtschaft: Das angestammte Gut 
wurde belastet, um mit dem so gewonnenen Darlehen neuen Besitz zu 
erwerben. Der Grundherr wurde auch wohl selbst zum Bankier und lieh 
sein Geld auf fremde Güter aus. Das klassische Beispiel solcher halb agra 
rischen, halb kapitalistischen Wirtschaftsführung bietet der Kriegs- und 
Domänenrat von Farenheid, der den Güterkauf mit einem ausgebreiteten 
Geldverkehr verband^). Seit 1788 war zudem der ostpreußische Ritterguts 
besitzer nicht mehr allein auf den teueren Kredit angewiesen, den einzelne 
Kapitalisten gewährten; die ostpreußische Landschaft, die in jenem Jahre 
nach dem Muster der von Friedrich dem Großen in anderen Provinzen ge 
schaffenen, ritterschaftlichen Kreditinstitute errichtet worden war, besteh die 
Grundstücke zu billigeren Bedingungen. So sehr diese Organisation des 
Kredits zu begrüßen war, so hatte sie doch zunächst auch die verderbliche 
Wirkung, daß die Erleichterung der Aufnahme von Darlehen manchen zu 
leichtfertigem Schuldenmachen verleitete. 
Der Sturmwind des Krieges warf das kühne Kreditgebäude mit einem 
Stoße über den Haufen. Nicht nur vernichtete er vielfach das Wirtschasts- 
kapital und minderte auf Jahre hinaus den Bodenertrag; der Abbruch der 
Beziehungen zu England und die Kontinentalsperre unterbanden die 
Kornausfuhr und entwerteten damit den wichtigsten Wirtschaftszweig der 
Provinz. Der Preissturz war um so verhängnisvoller, je höher der Stand 
der Erträge vor dem Kriege gewesen war. Infolge dieser rapiden Wert 
minderung konnten viele Besitzer den früher übernommenen Verpflichtungen 
nicht nachkommen. Farenheids Schuldner fallierten, die Pächter seiner 
Ländereien konnten die Pacht nicht aufbringen: so mußte er selbst, der 
Reichsten einer in der Provinz, vor seinen Gläubigern ins Ausland flüchten. 
Die Landschaft war genötigt, bis Ende 1810 im Königsberger Departe 
ment mehr als drei Viertel der von ihr beliehenen Güter unter Sequestration 
zu stellen. Zwangsversteigerungen blieben oft ohne Erfolg, da sich kein 
Käufer fand; die Landschaft konnte daher die Rückstände ihrer Schuldner 
nicht mehr beitreiben. Die Zinszahlungen, zu denen sie ihrerseits gegenüber 
den Besitzern von Pfandbriefen verpflichtet war, gerieten ins Stocken. 
Wohl kam ihr der Staat, der an dem Bestehen des Instituts selbst interessiert 
war, seitdem er zur Bezahlung der französischen Kriegskontribution land- 
schastlichePsandbriefe auf die Domänen aufgenommen hatte, in den 
Jahren 1808 und 1811 mit Vorschüssen von je 300000 Talern zu Hilfe. 
0 L. Krug gibt 1802 die Zahl 767 an (v. Haxthausen S. 181), Theodor von 
Schön 1808 die Zahl 914. (Vgl. Max Lehmann, Knesebeck und Schön S. 302). 
2) Böhme S. 2. Georg Krueger, Beiträge zur Geschichte der Familie Farenheid. 
Königsberg i. Pr. 1900.
	        
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