Full text: Das Retablissement Ost- und Westpreußens unter der Mitwirkung und Leitung Theodors von Schön

Der besiegte Staat war in seiner Finanznot nicht nur außerstande, 
selbst bare Entschädigungen zu verteilen, sondern mußte sogar die Ver 
gütungen im Werte von 6 Millionen Rubel, die Rußland für die Requi 
sitionen seiner Truppen an Preußen auszahlte, für seine eigenen Zwecke 
verwenden. Erst seit 1811 ließ er sie den Betroffenen zukommen, aber nicht 
in bar, sondern in den sogenannten „russischen Bons", einem Papier, das 
beim Verkauf nur etwa 40% seines Nennwerts ergabZ. In dem gleichen 
Jahre gebot ein Edikt vom 27. Januar, die Abgabenrückstände im Wert 
von 2300000 Tlr. mit den Leistungen an fremde Truppen zu kompensieren. 
Alles, was bis dahin zum Retablissement der Provinz geschehen war, hatte 
aus privaten Mitteln bestritten werden müssen. Diese Ausgaben waren 
um so drückender, als die Preise für Vieh und Inventar infolge des großen 
Bedarfs gestiegen waren. Im engeren Ostpreußen schätzte man die Reta- 
blissementskosten bis 1809 auf 10% Millionen Tlr?). Aber in diesem Jahre 
waren noch 350000 Scheffel Getreide weniger ausgesät als 1805/6. 
Je geringer die Finanzkraft des Staates war, desto mehr galt es, 
Maßregeln zu treffen, die die wirtschaftliche Lage seiner Bewohner zu 
bessern geeignet waren. Das Retablissement der verwüsteten Provinzen 
ist einer der wirksamsten Anstöße geworden zu den großen politisch-sozialen 
Reformen nach dem Tilsiter Frieden. Namentlich das Edikt vom 9. Oktober 
1807, das die Agrarreform einleitete, entsprang der Absicht, „die allge 
meinen Mittel zum Retablissement der Provinzen Ost- und Westpreußen" 
festzusetzen. 
Bei der Vorberatung dieses Gesetzes hat sich der 34jährige Theodor 
von Schön den ersten Ruhm erworben, und die endgültige Fassung ist 
im wesentlichen nach seinen Vorschlägen erfolgt?). 
Daß der Staat einem vom Krieg verheerten Lande vor allem durch 
1814, Geh. St. A. 771,1X26. vol. IV); etwas niedriger Rothe II. Mai 1814 (Toppen 
S.47). 
0 Nach dem preußisch-russischen Vertrage vom 20. Sept. 1808 (Geh. St. A. 
Staatsverträge mit Rußland Nr. 96) sollte Rußland außer den schon gegebenen Summen 
51/2 Millionen preußische Thaler zahlen. Die Summe von 6 Millionen Rubel nennt 
Alexander Dohna, der auf Grund seiner Ministerschaft Bescheid wissen mußte in einem 
Jmmediat-Berichtv. 29. Okt. 1810(Bezzenberger S. 11 u. 51). v. Borgstede gibtin 
seinem JB. v. 19. Nov. 1823 (siehe unten S. 34) an, daß in Ostpreußen für 5944148Thlr. 
russische Bons ausgefertigt worden seien. Der Verlust am Kurse und an den Zinsen 
wird in einer Vorstellung der Deputierten des Generallandtages v. 6. Febr. 1823 
auf 3973874 Thlr. berechnet. (Geh. St. A. 89 0 XXI Preußen gen. 2 vol. Ij. 
2 ) So nahm z. B. der Graf von Finckenstein zum Retablissement der Herrschaft 
Gilgenburg in den Jahren 1809/10 29000 Thlr. auf, Alexander zu Dohna für Schlo- 
bitien 39000 Thlr. 
3 ) Aus den Papieren I1 104—129. G. F. Knapp, II 148ff. Max Lehmann 
II, 269 ff. Geh. St. A. 87 B XXIII 1h.
	        
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