Full text: Das Retablissement Ost- und Westpreußens unter der Mitwirkung und Leitung Theodors von Schön

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überzugehen — und dies in einer Zeit, da infolge des Krieges allgemeiner 
Geldmangel herrsche*). 
Schön hat sich gegen die Auffassung verwahrt, daß diese Entwicklung 
eine notwendige Folge des Oktoberedikts von 1807 gewesen sei. Er war 
ein Gegner der Hardenbergschen Regulierungsgesetzgebung. Vor allem 
deshalb, weil er in ihr einen gewaltsamen Eingriff in die Eigentumsrechte 
der Gutsherren erblickte; denn er teilte die in Ostpreußen herrschende An 
schauung, daß der Gutsherr als der wirkliche Eigentümer des Bauernlandes 
im strengen Sinne des römischen Rechtes anzusehen sei, der Bauer nur als 
sein Pächters. Der Bruch mit den Gepflogenheiten der Vergangenheit 
schien ihm überstürzt zu werden. Das Verhältnis des Gutsherrn zu seinen 
Bauern, so argumentierte er, sei patriarchalischen Ursprungs und was daran 
nachteilig sei, dürfe nur auf eine mehr patriarchalische Weise gelöst werden^). 
Was er darunter verstand, läßt seine eigene Praxis erkennen, die in diesen 
Fragen ein stark konservatives Gepräge trägt. Namentlich wünschte er in 
der Provinz Preußen der Naturalwirtschaft einen breiteren Raum zu 
belassen, als der allgemeinen Richtung der staatlichen Gesetzgebung ent 
sprach. Er war bestrebt, Geldabgaben so weit wie möglich durch Natural 
lieferungen und Arbeitsleistungen zu ersetzen und hat sich damit den Vor 
wurf eingetragen, er mache einen Rückschritt zur Gutshörigkeit^). Wenn es 
also nach Schön gegangen wäre, hätte sich die Geldwirtschaft und das 
Kreditbedürfnis wohl kaum in dem Maße gesteigert, wie es tatsächlich der 
Fall war. 
Eine andere Frage ist aber, ob es im Jahre 1807 wirklich genügte, die 
„Hindernisse des Kredits" zu beseitigen, um dem Landwirt, der sich reta- 
blieren mußte, die Aufnahme eines Darlehens zu erträglichen Bedingungen 
sicherzustellen. In den folgenden Jahren wurde lebhaft geklagt, daß un- 
x ) Bericht der ostpreußischen Generallandschaftsdirektion an den Generallandtag 
von 1821. Berlin, L. M. Landschaftssachen Specialia 19, 1. 
2 ) Schön protestierte gegen das Regulierungsedikt in einem Briefe an Grüner 
v. 23. Okt. 1811 sRühl I, ISIf.). Dieser Brief findet sich in den Akten des Staat-,« 
kanzlers zugleich n.it dem Entwurf einer geharnischten Antwort an Schön (Geh. St. A. 
74 K. II 10). Er wird um Begründung seiner Behauptungen ersucht, namentlich um 
eine „legale Definition vom Eigentumsrecht, die es außer Zweifel setzt, daß letzteres 
den Gutsherrn an den preußischen Bauerngütern wirklich zusteht". Es könne dem 
Staatskanzler nicht gleichgültig sein, wenn ein einflußreicher Beamter seiner Politik 
widerstrebe. Das Schreiben ist nicht abgegangen. März 1812 stellt Bülow den Antrag, 
es als antiquiert zu betrachten, da die ostpreußischen Stände über das Irrige ihrer 
Auffassung schon aufgeklärt seien. Vgl. Knapp II 282. 
3 ) Denkschrift v. 13. Juli 1817. Aus den Papieren 4, 403. 
4 ) Vgl. unten S. 92. über Schöns Abneigung gegen die Verwandlung der 
bäuerlichen Naturalleistungen in Geldabgaben vgl. Lehmann 3, 480.
	        
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