Der Geschichtsschreibung stellte Schön die Aufgabe, den „Notizen
wust" Nebensache sein zu lassen und „konstruierte", d. h. unter bestimmten
philosophischen Ideen zusammengefaßte, Bilder zu liefern. So wenig diese
Forderung den Zielen der Geschichtswissenschaft entspricht, den berechtigten
Kern in ihr wollen wir doch nicht verkennen —, berechtigt, zumal sie gestellt
ist im Hinblick auf das Buch von Pertz über Stein, das jeder Einheit er
mangelt. Sie mahnt uns, in Schöns eigenem Leben den inneren Zu
sammenhang nicht zu übersehen, und hat gerade für seine Biographie wegen
der systematischen Geschlossenheit seiner Anschauungen mehr Geltung als
in anderen Fällen. Als Leistung aus einem Gusse will auch sein Werk in
Ost- und Westpreußen verstanden sein. Schöns Handlungen beim Wieder
aufbau der Provinzen entspringen einer sittlichen Gesinnung, die Hohes
fordert und die Härte nicht immer vermeidet. Wenn wir diesen Geist seines
Wirkens zur Anschauung zu bringen suchen, soweit die Tatsachen ihn er
kennen lassen, werden wir vielleicht in etwas auch den eigenen Wünschen
des Mannes, mit dem wir uns beschäftigen, gerecht.
Über den einst hochgefeierten Oberpräsidenten sind heute gerade in
Ostpreußen mancherlei Legenden im Umlauf. Wenn die Anklagen, die
gegen ihn erhoben werden, unter dem Zeugnis der Akten vielfach zusammen
schrumpfen, so war es doch mein Bestreben, das Für und Wider abzuwägen,
und eine apologetische Tendenz liegt mir gänzlich fern.
Ich habe mich bei der Aktendurchsicht auf die Fragen der wirtschaftlichen
Wiederherstellung beschränkt und bin der Schulpolitik Schöns, die nament
lich in Westpreußen durchaus im Dienste des Retablissements stand, nicht
nachgegangen. Sie dürfte nur im Zusammenhang seiner Kirchen- und
Nationalitätenpolitik zu schildern sein.
Der Rohstoff der Arbeit hätte in verhältnismäßig so kurzer Zeit nicht
gewonnen werden können, wenn mir nicht von vielen Seiten freundliche
Unterstützung gewährt worden wäre, für die ich hiermit meinen Dank ab
statte. Seine Exzellenz der Herr Oberpräsident von Batocki hat mir
überall die Wege geebnet und die Arbeit dauernd mit persönlicher An
regung und Anteilnahme begleitet. Herr Professor Brackmann in
Königsberg, unter dessen besonderer Obhut das Unternehmen stand, hat
weder Mühe noch Zeitaufwand gescheut, um es zu fördern, und seiner
gütigen Vermittlung verdanke ich viel. Der freundlichen Fürsorge des
Herrn Oberpräsidenten entsprang der Vorschlag, mir für die Archivreise
eine Hilfskraft zur Seite zu geben. Die Wahl einer geeigneten Per
sönlichkeit fiel mir trotz des Krieges nicht schwer, da eine zu steter Mit
arbeiterschaft bereite Fachgenossin mir lebenslänglich zur Seite steht; ohne
ihre tatkräftige Unterstützung hätte ich nicht so reichen Ertrag in die heimischen
Scheuern bringen können.