Full text: Wirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik

Einführung. 
Der wirtschaftliche Kamps. Die Wirtschafts- 
lehre sucht eine Vorstellung von der Beschaffen- 
heit, Schichtung und gegenseitigen Abhängigkeit 
der Privatwirtschaften und Unternehmungen zu 
geben, die Wirtschaftspolitik hat darzulegen, was 
die einzelnen Wirtschaften, Unternehmungen, Or- 
ganisaUonen wollen und wie sie ihre Ziele zu 
erreichen suchen. In der Wirtschaftslehre ist an 
verschiedenen Stellen darauf hingewiesen worden, 
daß das Wirtschaften der Menschen ein Kampf ist, 
der einmal gegen die Natur mit Ausnahme der 
Menschen zu führen ist, in zweiter Linie aber auch 
gegen den Mitmenschen geführt wird und geführt 
werden muß. Die Menschen müssen bis zu einem 
gewissen Grade gemeinsam, mit vereinten Kräften 
tätig sein, um die Bodenschätze, den Ertrag von 
Grund und Boden, die Produkte der Viehzucht, 
die Güter der Weiterverarbeitung usw. überhaupt 
oder doch in dem heuUgen Ausmaße zu gewinnen, 
aber sie treten sich sofort als Gegner gegenüber, 
sobald es sich um die Verteilung dieser Güter 
handelt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich 
Formen des wirtschaftlichen Kampfes herausge 
bildet, die die Anwendung brutaler Gewalt und 
physischer Überlegenheit bis zu einem geringen 
Reste ausschließen oder zurückgedrängt haben, die 
aber erst allgemeine Geltung gewonnen haben, 
nachdem sich schon eine starke Ungleichheit der 
Menschen für die Voraussetzungen des wirtschaft 
lichen Kampfes herausgebildet hatte. Gewiß sind 
die Menschen nach Rasse, Anlage, Erziehung un 
gleich und sie werden auch nie gleich werden. 
Die Fortdauer der individuellen Verschiedenheit 
ist nicht in Frage zu stellen. Aber auf diese per 
sönliche individuelle Verschiedenheit kann man die 
äußerste Ungleichheit der Rüstung, mit der heute 
die einzelnen Wirtschaften, vor allem die Privat 
wirtschaften, in den wirtschaftlichen Kampf ein 
treten und ihn führen, nicht zurückführen, oder 
wenn man sie darauf zurückführte, so würde sich 
leicht beweisen lassen, daß diese Verschiedenheit 
durch Mittel und Methoden erreicht worden sind, 
die vom HeuUgen Standpunkte aus als verwerf 
lich bezeichnet werden müssen. Die Menschen füh 
ren auf der einen Seite einen Kampf gegen die 
Natur mit Ausschluß der Menschen: nur indem 
sie die Natur bändigen, ihre Güter sich anzueignen 
vermögen, sind sie imstande zu leben. Nun ist aber 
die Natur, soweit sie nicht freiwillig und ohne 
Gegenleistung in Form der Arbeit die Güter her 
gibt, von einem Teil der Menschen mit Beschlag 
belegt worden, und zwar durch das Mittel des 
Privateigentums, durch das Grund und Boden, 
sowie was drunter und drüber ist, soweit es sich 
um die Grundlagen zur Beschaffung der Mittel 
für die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse 
handelt, dem freien Zugriff entzogen ist. Wollen 
die Menschen leben, den Kampf gegen die Natur 
führen, so müssen sie an die Natur heran können. 
Indem die Entwicklung der Eigentumsverhältnisse 
so verlaufen ist, daß eine große Masse von Privat 
wirtschaften von dem Besitz an den Gütern aus 
geschlossen ist, die die natürlichen Voraussetzungen 
für die menschliche Existenz bilden, ist der wesent 
liche Unterschied der Wirtschaften nach ihrer Stärke 
im wirtschaftlichen Kampfe gekennzeichnet. Eine 
immerhin stattliche Minderheit der Wirtschaften 
ist Herr über die Natur, soweit die Menschen sie 
zu: Beschaffung der Mittel für die Bedürfnis 
befriedigung brauchen. Die überwiegende Mehr 
heit der Wirtschaften dagegen ist von der Natur, 
von der Grundlage der menschlichen Existenz aus 
geschlossen. Daß dadurch der wirtschaftliche Kampf 
ein ungleicher ist, das ist nicht weiter zu beweisen. 
Die Natur, soweit wir sie wirtschaftlich bewerten, 
gibt aber dem Menschen nichts, es wäre denn, 
daß der Mensch im Kampfe ihr die Güter abränge. 
Die typische Form des Kampfes gegen die Natur 
ist die Arbeit. Die Besitzer der wirtschaftlich ver 
wertbaren Natur wären gar nicht in der Lage, 
diese im heutigen Umfange wirtschaftlich verwerten 
zu können, wenn sie nicht die Arbeitskraft der von 
dem Anteil an den Naturgütern Ausgeschlossenen 
zur Benutzung hätten. Durch die Aufteilung der 
Naturgüter in Privateigentum ist der Kampf gegen 
die Natur zugleich ein potenzierter Kampf gegen 
die Nebenmenschen geworden. Die Besitzer der 
Naturgüter und der auf ihnen basierten mobilen 
Güter brauchen die menschliche Arbeitskraft, da 
mit auf ihrem Besitz der wirtschaftliche Kampf 
gegen die Natur durch Arbeit geführt werden kann; 
die Masse der Wirtschaften aber, die von den 
natürlichen Gütern und den anderen Gütern, die 
für die Gewinnung, Verarbeitung und Verteilung 
der Gebrauchsgüter benötigt werden, ausgeschlossen 
ist, muß sich dazu verstehen, dafür daß sie auf 
dem Besitze der anderen sich die Mittel zur Be 
friedigung der Lebensbedürfnisse gewinnen kann, 
den Besitzern einen Teil des Kampferfolges abzu 
treten. Damit ist freilich der wirtschaftliche Kampf 
der Menschen gegeneinander noch keineswegs er 
schöpfend gekennzeichnet. Denn es kämpft keines 
wegs nur der Besitzer von Arbeitskraft gegen den 
Besitzer von Kapitalsgütern und umgekehrt, son 
dern es kämpfen auch die Besitzer der Kapitals 
güter untereinander bei der Verleihung ihrer Güter
	        
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