Full text: Die Lehren des Marxismus im Lichte der russischen Revolution

so liegt diese nicht in der Psychologie der Arbeiterklasse, 
sondern. in der Psychologie der Organisatoren der Produk: 
tion. beschlossen, 
Für den wissenschaftlichen Sozialismus ist nämlich seine 
einseitige Auffassung des Produktionsvorganges als eines 
Prozesses bloßer mechanischer Arbeit kennzeichnend. Die 
ungeheure Rolle des Händlers in der kapitalistischen Ge- 
sellschaft leugnet hingegen der Marxismus völlig: er sieht in 
diesem nur einen Parasiten. Er leugnet aber auch die Bedeu- 
tung des wirtschaftlichen Leiters der Produktion, der ihm 
vielmehr lediglich als ein Spezialist für Wegpumpen des 
Mehrwerts erscheint. Und schließlich unterschätzt der Mar- 
xismus auch die Rolle des technischen Organisators der 
Produktion. 
In Gemäßheit einer solchen Ansicht gestaltete sich denn 
auch das Schicksal der wirtschaftlichen und selbst der tech- 
nischen Produktionsleiter nach der russischen Revolution 
überaus traurig. Die letzteren sollten ursprünglich durch 
Kollegien politisch aufgeklärter Arbeiter, die ersteren. aber 
durch Intellektuelle, die das „Kapital‘ von Marx mehr oder 
weniger gut kannten, ersetzt werden. Erst nach der bitteren 
Erfahrung, die er gemacht hatte, sah der Staat ein, daß die 
Sache denn doch nicht so einfach war, wie er es sich vorge- 
stellt hatte. Und die bereits verdrängten wirtschaftlichen und 
technischen Produktionsleiter wurden rehabilitiert und als 
„Spezy‘“ (Spezialisten) in ihre Stellungen wieder eingesetzt. 
Dennoch dürfen wir weder von den alten, noch von den 
neuen Spezy die gleichen Leistungen erwarten, die sie in der 
kapitalistischen Gesellschaft vollbrachten. In der Tat: der 
Erfolg der Produktion hängt vor allem von ihrer Organisation 
nicht nur in technischer, sondern auch in wirtschaftlicher 
Hinsicht ab; die ausschlaggebende Rolle spielt die Schonung 
des Grundkapitals, die sparsame Verwendung der Rohstoffe, 
eine glückliche Kombination von Arbeit und Kapital, das 
Auffinden guter Rohstoffquellen und Absatzmärkte — ohne 
all diese Voraussetzungen werden selbst die eifrigsten und 
geschicklichsten Leistungen der Arbeiter nichts nutzen. Die- 
ser hohen Verantwortung der Organisatoren entspricht die 
Psychologie des Unternehmers in der kapitalistischen Ge- 
sellschaft. Ihn vor allem trifft der Mißerfolg des Unterneh- 
mens, aber er ist auch der erste, der von seinen Erfolgen 
profitiert. Daher seine ungeheure Willensanspannung. Seine 
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