Full text: Weltwirtschaftliche und politische Erdkunde

[L. DER WASSERVERKEHR 
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Von den kleineren Ländern besitzen die Niederlande und Nor- 
wegen verhältnismäßig große Handelsflotten. Darin kommt der aus- 
geprägte ozeanische Charakter beider Länder zum Ausdruck. Auch 
übernehmen die Schiffe beider Flotten vielfach den UÜberseeverkehr 
anderer Länder, besonders gilt das von der Frachtschiffahrt der Nor- 
weger, die man deshalb nicht mit Unrecht die „Fuhrleute des Welt- 
meers“ genannt hat. 
Die Welthandelsflotte ist gegenüber dem Vorkriegsstand um bei- 
nahe die Hälfte an Tonnengehalt gewachsen, der Weltseeverkehr 
aber hat erst in dem letzten Jahre seine alte Höhe wieder erreicht, 
Daraus erklärt sich die schwere Krisis, in die der Weltfrachtenmarkt 
in den Nachkriegsjahren geriet und die auch heute noch nicht ganz 
überwunden ist. 
{m Jahre 1922 waren etwa 12 Mill. B.-R.-T. „aufgelegt“, d.h. außer Fahrt 
gesetzt und in Gefahr, in den Häfen zu verrosten und zu verfaulen. Die Schiffe 
mußten abgewrackt oder gar verbrannt werden, da oft nicht einmal das Abwracken 
sich lohnte. Außerdem war ein mindestens ebenso großer Schiffsraum der in 
Dienst befindlichen Handelsflotte ohne Beschäftigung. Heute hat sich die 
Lage etwas gebessert, aber die Abwrackung geht weiter, noch warten rund 
4 Mill. R.-T. der Vernichtung, drei Viertel davon in den amerikanischen Häfen, 
Schiffahrtsgesellschaften. Die Unterhaltung des Verkehrs zur 
See liegt im Gegensatz zur Eisenbahn, die in vielen Ländern vom 
Staate betrieben oder wenigstens beaufsichtigt wird, in der Hand 
großer Aktien-Unternehmungen. Sie betreiben den Seeverkehr 
mit ihren Flotten entweder auf bestimmten Routen nach regelmäßigen, 
genau bestimmten und pünktlich eingehaltenen Fahrplänen als „Linien- 
schiffahrt“, oder sie lassen sie nach Maßgabe bestimmter Frachten- 
aufträge in Trampschiffahrt beliebige Reisen unternehmen. Im 
Gesamtverkehr kommt die weitaus größere Bedeutung der Linien- 
schiffahrt zu, die bei der Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit ihrer 
Fahrten den gesamten Personen- und Stückgutverkehr und einen 
großen Teil des eigentlichen Frachtenverkehrs zur See erledigt. Im 
Jahre 1924 liefen 72% der Weltschiffahrtstonnage im Linienverkehr 
und nur 28% in Trampschiffahrt. 
Die Zahl der Schiffahrtsgesellschaften oder Reedereien war vor dem 
Kriege viel größer als heute. In den letzten Jahren setzte auch im 
Schiffahrtswesen ein Zusammenschluß der Reedereien, eine Konzern- 
bildung großen Maßstabes ein, teils um der Schwierigkeiten im See- 
verkehr während der kritischen Nachkriegszeit Herr zu werden, teils 
wohl in Angleichung an die im gesamten Wirtschaftsleben zu beobach- 
tende Erscheinung. Dabei übernahmen naturgemäß die großen Gesell- 
schaften die Führung. 
So vereinigten sich von‘ den deutschen Seeschiffahrtsgesellschaften unter 
der Führung der Hamburg-Amerika-Linie (Hapag) die Deutsche Levante- 
linie, die Aktiengesellschaft Hugo Stinnes für Seeschiffahrt und Überseehandel, 
die Deutsch-Australische Dampfschiffahrtsgesellschaft und die Deutsche Dampf- 
schiffahrtsgesellschaft Kosmos zu einem Konzern mit einem Tonnenbestand 
von mehr als 2,> Mill. B.-R.-T. Mit dem Norddeutschen Lloyd und unter 
dessen Führung schlossen sich die Roland-Linie A. G., die Hamburg-Bremer 
Afrikalinie und die Dampfechiffahrtsgesellschaften „„Argo“ und „Hom“ zu einer
	        
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