36 ERSTER TEIL: GEOGRAPHISCHE GÜTERLEHRE
Austern genannt. Sie beleben alle von dem Golfstrom berührten Küsten
des Atlantischen Ozeans und kommen auch in der nördlichen Adria vor.
Ihr Hauptverbreitungsgebiet sind die atlantischen Küsten der Union bis
hinab nach Carolina. Hier werden jährlich gegen 1 Milliarde Stück gefischt,
und die Auster spielt daher unter den gewöhnlichen Nahrungsmitteln des Ameri-
kaners eine Rolle, die man in Europa nicht kennt. Die ergiebigsten Austern-
felder finden sich im Long-Island-Sund und in der Chesapeake-Bai.
Baltimore ist der größte Austernmarkt der Welt. Nach der Union ist Frank-
reich mit verschiedenen Plätzen an seiner Westküste der wichtigste Produzent,
Ferner kommen England, Holland und Deutschland in Betracht. Längst
schon ist die Auster auch Gegenstand planmäßiger Zucht in sogenannten Austern-
parks geworden. Solche liegen bei Arcachon in Frankreich und in der
Themsemündung. Belgien mästet fremde Austern für den Export.
Die wichtigsten Fischereistaaten der Erde, Wie wir sahen, hat man
in der Seefischerei zwischen Hochseefischerei und Küstenfischerei
zu unterscheiden. Die Küstenfischerei wird längs der Küsten und in
den Flußmündungen in einem Raum von mindestens drei Seemeilen
Breite (alte Kanonenschußweite vgl. S. 228) ausgeübt und ist im all-
gemeinen nur den Angehörigen der betreffenden anliegenden Staaten
gestattet. Die Hochseefischerei dagegen hat ihren Schauplatz im offenen
Meere außerhalb jenes Saumes nationaler Gewässer und ist jedermann
freigestellt, also international. Da aber auch die Fischgründe der
Hochsee, weil an die Schelfs gebunden, meist in der Nähe der Küsten
liegen, so werden sie am meisten von den nächstbenachbarten Län-
dern ausgebeutet. Deshalb finden wir die an der Fischernte des Meeres
am stärksten beteiligten Staaten in der Umgebung der wichtigsten Fisch-
gründe, d. h. vor allem in den Randgebieten des nördlichen Atlantischen
Ozeans, nächstdem in den Randländern des nördlichen Stillen Ozeans.
Eine möglichste Förderung der Fischerei lassen sich die meisten Kultur-
staaten aus mancherlei Gründen angelegen sein. Zunächst bilden die Fang-
ergebnisse in vielen Staaten einen wichtigen Bestandteil der Volksernährung, der,
da er keine Ausbeute heimischer Hilfsquellen darstellt, einen reinen nationalen
Gewinn bedeutet, ganz anders als z. B. der Abbau heimischer Bodenschätze.
Sodann gibt die Fischerei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung Lebens-
unterhalt oder lohnenden Nebenerwerb nicht nur durch den Fangbetrieb selbst,
sondern auch durch die mannigfaltige Verarbeitung und den Versand der Aus-
beute. Endlich bildet für jeden Staat die in hohem Grade seegewohnte Besatzung
der Fischerboote die beste Bemannung seiner Kriegsmarine.
Die stärkste Fischereibevölkerung hat Japan, wo 1,3 Mill. Einwohner in
fast 400000 Booten Seefischerei betreiben. Die Japaner sind die eifrigsten Fisch-
osser unter allen Völkern. Man schätzt den jährlichen Verbrauch auf 50 Pfund
pro Kopf gegen 40 Pfund in England und 17 in Deutschland. Für die Ver-
ainigten Staaten wird die in Fischerei und Fischindustrie tätige Bevölkerung
mit rund 200000 Köpfen angegeben, für Norwegen 108000, für England 82000,
für Kanada 75000. Dasjenige Land, dessen Existenz zum weitaus größten Teil
auf der einen wirtschaftlichen Quelle der Fischerei beruht, ist Neufundland,
wo 1921 mehr als 65000, d. i. mehr als ein Viertel der gesamten Bewohner,
acht Neuntel der Erwerbstätigen im Fischfang und der Fischindustrie tätig waren.
Über den Betrieb der Fischerei und Fischindustrie in den einzelnen
Staaten wurden bereits in anderem Zusammenhange Mitteilungen ge-
macht. Hier seien noch einige zusammenfassende Bemerkungen über
die englische, amerikanische und deutsche Fischerei nachgetragen.