28 Sn 2. Kapitel. Kapitalbildung und Löhne.
schwer durchzuführen. Man erntet jetzt die Folgen der
kurzsichtigen Politik, die Löhne trotz Wachsens der Re-
parations- und Steuerlasten sich immer weiter haben
steigern zu lassen. Könnten diese Lasten etwas ver-
mindert werden, so würde das auch den Arbeitern zu-
gute kommen. Aber gerade sie wollen von dem Abbau
der Staatstätigkeiten nichts wissen. Die Frage des Lohn-
abbaus hängt auch sehr davon ab, inwieweit zur Er-
füllung der Reparafionslasten ein Preisdruck in
Deutschland erforderlich und möglich ist. (Siehe Ka-
pitel 8.) Aufgabe der Wissenschaft kann nur sein,
allgemein die Grenzen anzugeben, bis zu der Lohn-
erhöhungen möglich sind, und dabei zeigt sich eben der
enge Zusammenhang mit der Kapitalbildung, das heißt
nichts anderes, als der Zusammenhang aller Preise im
Wirtschaftsleben.
MH. Die Grenzen der Lohnsteigerungen,
In einem Gewerbe sind Lohnerhöhungen nur so lange
möglich, als auch die schwächsten Unternehmungen, die
noch Absatz finden, auf die Dauer noch einen ge-
wissen Mindestertrag erzielen, den ich den
tauschwirtschaftlichen Grenzertrag dieses Erwerbs-
zweiges nenne. Wegen des verschiedenen Risikos ist er
in den einzelnen Erwerbszweigen verschieden hoch.
Wird er auf die Dauer nicht erzielt, so gehen die
schwächsten Unternehmungen zugrunde, und wenn die
billiger produzierenden sich nicht ausdehnen können,
müssen die Preise steigen. Es liegt daher im volks-
wirtschaftlichen Interesse, und ganz besonders auch in
dem der Arbeiter, daß die günstigst arbeitenden und
daher bestrentierenden Unternehmungen sich weiter
ausdehnen. Dadurch können die Preise verbilligt wer-
den, oder die Arbeiter können höhere Löhne durch-
setzen. Freilich ist die Konzentrationstendenz auch
meist mit einer Verminderung der beschäftigten Ar-
beitskräfte verbunden. Und es ist fraglich, was für die