44 nn 3. ] Kapitel. Falsche Kapitalbildung. ;
geschlossen ist, auch die Möglichkeit des Aufkommens
privater Konkurrenz,
Aus alledem ergibt sich, daß auch bei den Problemen
der Kapitalbildung und zweckmäßissten Kapitalverwen-
dung einer so starken Ausdehnung der öffentlichen Be-
friebe, wie wir sie gegenwärtig in Deutschland haben,
sehr große Bedenken entgegen stehen. Die öffentlichen
Betriebe, selbst wenn sie heute bei der Kapitalbeschaf-
fung auf dem freien Markte nicht günsfiger gestellt sind
als die privaten, brauchen weniger auf wirkliche Ratio-
nalität zu sehen, da sie sich die Verzinsung des auf-
genommenen Kapitals auch durch Steuern verschaffen
können.
Durch die heute sich ausbreitende Übertragung öffent-
licher Betriebe an besondere Aktiengesellschaften wird
das freilich unterbunden, aber es sind doch längst nicht
alle öffentlichen Betriebe in dieser Weise selbständig
gemacht!, Und dann bleibt immer noch die Frage, wie
die aufgenommenen Kapitalien zurück gezahlt werden
können.
Im ganzen ist anzunehmen, daß die große Ausdeh-
nung aller öffentlichen Tätiskeiten seit dem Kriege viel-
leicht am meisten zu dem heutigen Kapitalmangel und
hohen Zins beigefragen hat. Es ist wahrscheinlich, daß
auch ein großer Teil der nicht durch Steuern, sondern
im Wege der in- oder ausländischen Kreditbeschaffung
aufgebrachten Kapitalien nicht im Sinne höchster Ra-
tionalität verwendet wurde, sondern mehr oder weniger
als Konsum zu betrachten ist; daß also die Rückzahlung
eben doch nur durch Steuern zu ermöglichen ist, wenn
die Aufnahme neuer Kredite nicht gelinst?.
Es mag sein, daß die Steigerung der Löhne in den
* Über die sogenannten gemischt-wirtschaftlichen Unfer-
nehmungen vergleiche mein Buch „Die Unternehmungs-
formen“, Teil IV,
? Vgl. hierzu Dr. H. Niebuhr, Öffentl. Unternehmungen und
Privatwirtschaft (Wirtschaftspolit. Zeitfragen. Herausgeg. v.
Ernst Schultze, 5. Heft, Leipzig 1928).