ViLF
Vorwort.
dankliche Unklarheiten oder Schwankungen der Bezeichnungen unter-
laufen müssen, ohne daß sie der Auter bemerkt hat. Alle diese Be-
merkungen mögen aber keineswegs als eine „captatio benevolentiae“
aufgefaßt werden, im Gegenteil sind sie als eine bescheidene Aufforde-
rung gemeint, mein. Werk im Interesse der wissenschaftlichen Klarheit
einer eingehenden, nicht bloß oberflächlichen Kritik zu unterwerfen und
alles, was fragwürdig scheint oder ist, ohne Rücksicht hervorzuheben.
Behalte ich doch auch mir selbst vor, meine Aufstellungen immer
wieder kritisch zu betrachten und derart zu weiterer Klarheit hinsicht-
lich der Probleme der „Allgemeinen Gesellschaftslehre“ zu gelangen.
Bei der Ausarbeitung dieses Werkes bin ich von jenen tiefen Ge-
danken ausgegangen, die Johannes Rehmke in seinen Werken
vorgetragen hat und sage deshalb diesem großen, in kühner Unabhängig-
keit dastehenden deutschen Denker meinen Dank für die Klärung und
Bereicherung meiner Gedanken, welche mir die Beschäftigung mit seinen
Werken gewirkt hat. Gerade weil Rehmkes grundwissenschaftlichen,
logischen und psychologischen Untersuchungen von keinerlei dem Glauben
überlassenen Voraussetzung ausgehen, vielmehr in diesen Untersuchungen
jedes besondere Gegebene voraussetzungslos und völlig nüchtern zer-
gliedert wird, schienen mir die Ergebnisse dieser Untersuchungen be-
sonders geeignet zu sein, die Grundlagen für eine voraussetzungslose
„Allgemeine Gesellschaftslehre“ zu bieten. Halten wir uns nämlich an
die Lehren Rehmkes, so ist es unmöglich, daß irgend ein wissen-
schaftlicher Streit in der Berufung auf einen bloßen Glauben, auf un-
beweisbare Weltanschauungen versandet. Vielmehr können alle
auf dem Boden der Lehren Rehmkes vollzogenen Bestim-
mungen nur dadurch bekämpft werden, daß man selbst
an das strittige Gegebene herantritt und mit eigener Zer-
gliederung zu anderen Bestimmungen gelangt! Jene Ge-
danken Rehmkes, welche ich insbesondere als für meine eigenen
Bestimmungen grundlegend ansehe, habe ich in Kürze im ersten Kapitel
meines Werkes (S. 1—13) dargelegt, um hierauf mit meinen eigenen
Bestimmungen zu beginnen. Im zweiten Kapitel stütze ich mich auf
Rehmkes unübertrefflich klare Bestimmung des „Wollens“ als be-
sonderen Seelenaugenblickes. Indes erstreckt sich meine Darstellung
nicht bloß auf das „Wollen“, vielmehr habe ich selbständig das Wollen
nur als eine Besonderheit von „emotionaler Seelenaugenblick schlecht-
weg“ neben anderen emotionalen Seelenaugenblicken dargelegt. Über-
dies meine ich, daß Rehmkes Bestimmung des Wollens doch noch
insoferne unvollständig ist, als jeder Wollende nicht bloß auf Beseitigung
von Unlust und Gewinn von Lust, sondern. auf „Verbesserung des ihn
betreffenden Interessen g esamtzustandes“ zielt. Auch hinsichtlich der
Bestimmung der Entstehung besonderen Wollens besonderer Seele weiche