Jas Streben.
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noch ein Besonderheitsurteil hinsichtlich der Seele oder hinsichtlich des
Leibes, somit kein Einheitsurteil hinsichtlich der Seele oder hinsichtlich
des Leibes darstellt, kann dieses Urteil nur ein Beziehungsurteil sein,
dessen logisches Subjekt „Seele und Leib (Mensch) in besonderer Be-
ziehung“‘“ darstellen. Wir müssen aber keine weitläufige Untersuchung
anstellen, wenn wir feststellen wollen, in welcher besonderen Be-
ziehung Seele und Leib eines „Menschen“ gewußt sind, wenn von
einem Menschen ein „Tun“ ausgesagt wird. Im Gebrauche der Worte
„Tätigkeit‘, „tätig‘“ und „tun“ wird nämlich stets entweder überhaupt
oder doch auch an „Wirken“ gedacht, es wird Wirkensbeziehung
gewußt, in welcher Seele und Leib eines Menschen stehen. Da wir
aber einerseits von einem Menschen bald aussagen, daß er „tätig“
sei, bald wieder aussagen, daß er „untätig‘“ sei, andererseits Seele und
Leib eines „Menschen“ eine stetige Wirkenseinheit bilden, kann nicht
an jegliche Wirkensbeziehung zwischen Seele und Leib gedacht sein,
wenn von einem Menschen ‚Tun‘ ausgesagt wird, sondern nur an
eine besondere, d.h. an eine durch besondere identische Allge-
meine begründete Wirkensbeziehung zwischen Seele und Leib.
Gehen wir nun, um Klarheit hinsichtlich des Gegebenen „Tätig-
keit“ zu gewinnen, vom vorwissenschaftlichen Wissen um jenes Ge-
gebene aus, so finden wir zunächst, daß jedermann bei den Worten
„Tätigkeit“, „tätig‘“ und „tun“ an ein solches Wirken denkt, in welchem
Sich als Wirkungen Veränderungen eines „menschlichen“ Leibes finden,
die wir fürderhin kurz die „Leibesveränderungen im Tun“
nennen wollen. Niemand meint aber, daß bloße ‚„Leibesverände-
rungen‘ schon einen ‚Tätigkeitsfall“ darstellen, niemand nennt bloß
die Veränderungen des Leibes eines Menschen eine „Tätigkeit“, ein
„Tätig-Sein‘“, ein „Tun“ dieses Menschen, sondern bei diesen Worten
ist stets auch an Seelisches, an ‚Bewußtsein‘ gedacht. Sehen wir
z. B. einen „bewußtlosen‘‘ Menschen vor uns liegen, dessen Arme von
einem anderen Menschen als Wiederbelebungsversuch bewegt werden,
So liegen zweifellos Veränderungen des Leibes jenes Menschen vor, den
das Bewußtsein, wie man sagt, „verlassen‘ hat, ohne daß wir aber
Jeshalb sagen würden, daß jener „bewußtlose‘‘ Mensch „tätig“ sei.
Deshalb sagen wir auch in solchem Falle niemals, daß der bewußtlose
Mensch seine Arme „bewe ge“, vielmehr sagen wir, daß die Arme
jenes bewußtlosen Menschen „bewegt werden“. Aus dem Falle des
bewußtlosen Menschen, der sich der Veränderung seines Leibes nicht
bewußt ist, in dem „Leibesveränderung“, aber nicht „Tun“ ge-
geben ist, erkennen wir sogleich, daß ‚Tun‘, was immer sonst dieses
Gegebene sein mag, von „Bewußtsein‘‘, von „Wissen‘‘, kurz von der
Seele des Tätigen nicht losgelöst werden kann. Wissen wir jemanden
als „Tätigen‘“, so wissen wir ihn auch in einem Augenblicke seiner
Sander, Allg. Gesellschaftslehre, ?