Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

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u 311. Kapitel. 
Halten wir jedoch an der bereits dargelegten Bedeutung des Wortes 
„lassen“ fest, so zeigt sich, daß „Tun“ und „Lassen“ Gegensätze sind, 
so daß also „Lassen“ weder ein besonderes „Tun“, noch etwa ein be- 
sonderes „Handeln“ darstellt. Indes findet sich ein Wort, welches so- 
wohl das Gegebene „Tun“ als auch das Gegebene „Lassen“ bezeichnet, 
nämlich das Wort „Sich- Verhalten“ („Verhalten“). Das „Sich- Verhalten“ 
wird allerdings nicht nur von „Menschen“ (und anderen „Lebewesen“), 
sondern auch von Körpern ausgesagt, wie z. B. in der Rede, daß sich 
ein besonderer Körper in einem besonderen Experimente in besonderer 
Weise „verhält“. Daß indes. in genauer Rede das „Sich-Verhalten“ nur 
von „Menschen“ ausgesagt werden kann, deren Seele. ein besonderer 
Seelenaugenblick zugehört, daß also „Verhalten“ stets Etwas „mit Sinn 
Verbundenes“ ist, ergibt sich schon aus der Erwägung, daß wir auch 
das „eine Haltung einnehmen“ nur von „Menschen“ in besonderen 
Augenblicken ihrer Seelen‘ aussagen, daß, wenn wir von jemandes 
„Haltung“ sprechen, stets jemand als „Bewußter“ gemeint ist. Als 
jemandes „Sich Verhalten“ („Verhalten“, „Haltung“) bezeichnen wir aber 
stets solches einem besonderen Leibe Zugehöriges (Muskelveränderung 
oder Muskelzustand), welches die mit jenem Leibe zusammengehörige 
Seele in besonderen Seelenaugenblicken, nämlich entweder in einem 
„Streben“ oder in einem „Widerstreben“ als „wahrgenommenes eigenes 
gegenwärtiges Eigenleibliches“ weiß. Da also einerseits „Verhalten“ stets 
„gewußtes Eigenleibliches“ ist, andererseits „Verhalten“ nicht ein iden- 
tisches Allgemeines von „Muskelveränderung“ (aufeinanderfolgenden 
‚Muskelzuständen“) und „Muskelzustand“, von „Bewegung“ und 
„Ruhe“ sein kann, ergibt sich, daß das Wort „Verhalten“ nur deshalb 
sowohl ein „Tun“ als auch ein „Lassen“ bezeichnen kann, weil „Tun“ 
und „Lassen“ Wissensbesonderheiten von zwei emotionalen Seelen- 
augenblicken sind, die ein identisches Allgemeines haben. 
Sowohl nämlich im „Streben“ als auch im „Wider-Streben“ wird nicht 
nur a) um besonderes wahrgenommenes eigenes gegen- 
wärtiges Eigenleibliches gewußt, sondern auch b) um be- 
sonderen wahrgenommenen (aktuell selbstbewußten), also 
der eigenen Seele zugehörigen Seelenaugenblick gewußt, 
in welchem mögliches eigenes Leisten emotional gedacht ist. 
Überdies aber werden sowohl im „Streben“ als auch im „Wider-Streben‘‘ 
das gegenwärtige Eigenseelische und das gegenwärtige Eigenleibliche 
in Beziehung zu identischen wirkenden Bedingungen ge- 
dacht, welche sich in einer als Richtlinie jenes möglichen eigenen 
Leistens gedachten Richtung finden. Während aber die Seelenaugen- 
blicke „Streben“ und „Wider-Streben“ solchen identischen Sinn 
haben, also die ihnen zugehörigen Gedanken hinsichtlich dieses iden- 
tischen Gedachten „gleich“ sind, sind sie hinsichtlich anderen
	        
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