Vergemeinschaftung und Gemeinschaft. 217
Gedanken zugehörig hat. Das „Beurteilte“, bzw. „Erlogene“ eines
„geurteilten“, bzw. „gelogenen“ aktuell selbstbewußten Gedankens kann
aber auch die Zugehörigkeit besonderen Gedankens zu dem Urteilen-
den, bzw. Lügenden sein. Sagt z. B. A zu B: „Ich glaube, daß C
angekommen ist“, so ist das „Geurteilte“, bzw. „Gelogene“ ein aktuell
selbstbewußter Gedanke des A, dessen Bestimmtes die eigene Seele
des A. („Ich = meine Seele“), dessen Bestimmendes aber ein der
eigenen Seele des A. („Mir == meiner Seele“) zugehöriger Gedanke ist,
dessen Bestimmtes der Leib des C, dessen Bestimmendes be-
sondere Ortsbestimmtheit jenes Leibes ist. Auch in solchem Falle ge-
winnt B, sobald ihm der Gedanke zugehörig geworden ist, daß A den
aktuell selbstbewußten Gedanken, „daß er selbst (A) denke, C sei
angekommen“, zugehörig hat, den weiteren Gedanken, „daß A
denke, C sei angekommen“, kraft besonderer Bedeutungsempfäng-
lichkeit, die sich als Wissen um die „Evidenz der inneren Wahrnehmung“
darstellt. Ist hingegen das „Geurteilte“, bzw. „Gelogene“ kein aktuell
selbstbewußter Gedanke, sondern irgendein anderer Gedanke, z. B.:
„Es regnet“, „2X 2=4*“, „C ist angekommen“ usw. usw., so besteht
die Bedeutungsempfänglichkeit nieht in dem Wissen um die „Evidenz
der inneren Wahrnehmung“‘, sondern im Wissen um andere Umstände,
welche einen Irrtum des Bedeutenden ausschließen. In allen Fällen
aber stellt sich die Bedeutungsempfänglichkeit als „Wissen um Irrtum
ausschließende Umstände“ dar, während sich die Empfänglichkeit für
Urteil-Glauben als „Wissen um Lüge ausschließende Umstände“ darstellt.
Da nun in jedem Urteil-Streben darauf gezielt wird, einen eigenen
Gedanken auch einer anderen Seele zugehörig zu machen, hat jeder
Urteilende die Absicht, einen eigenen, bisher in Beziehung zu der
anderen Seele „einsamen“ Gedanken zu einem „zweisamen“ Ge-
danken zu machen. „Einsames Seelisches“ ist überhaupt jedes
Seelische, welches von zwei oder mehreren Seelen nur einer Seele
zugehört, „mehrsames Seelisches“ ist hingegen jedes Seelische,
welches von zwei oder mehreren Seelen allen diesen Seelen zugehört.
Wenn wir also sagen, daß ein besonderes Seelisches ein „einsames“
oder ein „mehrsames“ Seelisches ist, so sprechen wir nicht von Wesen
oder Besonderheit jenes Seelischen, sondern von Zugehörigkeits- und
Sonderungsbeziehungen, in welchen sich jenes Seelische findet.
Sprechen wir nämlich von einem besonderen Seelischen als einem
„einsamen“ oder „mehrsamen“ Seelischen, so haben wir stets eine Mehr-
heit von Seelen im Auge, und „einsam“ ist jenes Seelische, welches
wur einer von jenen mehreren Seelen zugehört, hingegen von den
anderen Seelen aus jener Mehrheit gesondert ist, „mehrsam“ aber ist
jenes Seelische, welches jeder einzelnen von jenen mehreren Seelen
zugehört, also auch ein jenen Seelen „gemeinsames“ Seelisches dar-