Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Vergesellschaftung und Gesellschafr. 265 
schied liegt zu Grunde der bekannten Unterscheidung der „Rechts-An- 
sprüche“, welche — wie man sagt — „nur auf äußeres Verhalten 
zielen“, von den „sittlichen Ansprüchen“, welche — wie man sagt — „auch 
auf inneres Verhalten zielen“. „Anspruch-Schein-Erfüllung“ 
nennen wir jedes dem Adressaten eines besonderen Anspruches zuge- 
hörige Leibliche, welches die wirkende Bedingung für jemandes irrigen 
Gedanken abgibt, daß der Adressat jenes Anspruches den Anspruch 
erfüllt habe. Eine „Anspruch-Schein-Erfüllung“ kann entweder eine 
„wissentliche (absichtliche oder quasi-absichtliche) An- 
Spruch-Schein-Erfüllung“ oder eine „unwissentliche An- 
sSpruch-Schein-Erfüllung“ sein, 
Ein Anspruch kann ferner entweder ein „qImmanent gerichteter 
Anspruch“ oder ein „transzendent gerichteter Anspruch“ sein. 
Ein „immanent gerichteter Anspruch“ liegt vor, wenn der Anspruch- 
erheber weiß, daß ihm Erfahrung des beanspruchten Ander-Verhaltens 
zugehörig sein wird, sein Anspruch sich also für ihn ‚‚immanent“ er- 
füllen werde. Ein Ansprucherheber kann die Erfüllung seines „An- 
Spruch-Zieles‘“ in verschiedener Weise erfahren, nämlich entweder a) da- 
durch, daß er besonderes Leibliches des Anspruchadressaten wahr- 
ıimmt und als Anspruch erfüllendes Verhalten versteht oder b) da- 
durch, daß er nur die von ihm gewollte Leistung, bzw. Quasi-Leistung 
des Anderen wahrnimmt, und daraus einen „anzeichengemäßen Glauben‘ 
an die Ansprucherfüllung gewinnt oder c) dadurch, daß er durch jeman- 
des Behaupten einen bedeutungsgemäßen Glauben an die Anspruch- 
erfüllung gewinnt. Im letzteren Falle kann die Erfahrung der An- 
S;prucherfüllung dem Ansprucherheber auch durch eine Behauptung des 
Anspruchadressaten zugehörig werden. Ein „transzendent gerichteter 
Anspruch“ liegt hingegen vor, wenn der Ansprucherheber weiß, daß 
ihm Erfahrung des beanspruchten Ander-Verhaltens nicht zugehörig 
sein wird, sein Anspruch sich also für ihn „transzendent“ erfüllen 
Wird. „„Transzendent gerichtete Ansprüche‘ sind wieder entweder „wegen 
Erfahrungs- Unmöglichkeit transzendent gerichtete An- 
Sprüche“ oder „wegen Erfahrungs-Gleichgültigkeit transzen- 
dent gerichtete Ansprüche“. Ein „wegen Erfahrungs-Unmöglichkeit 
Yanszendent gerichteter Anspruch‘ liegt immer dann vor, wenn jemand 
von einemAnderen ein Verhalten für einen Weltzeitpunkt beansprucht, 
Welcher nach dem Wissen des Anspruch-Erhebers erst nach seinem, des 
Anspruch-Erhebers, Tode eintreten wird. Beispiele solcher „‚transzendent 
Zerichteter Ansprüche‘ sind z.B. alle „Verfügungen von Todes wegen‘‘. 
Ein „wegen Erfahrungs-Gleichgültigkeit transzendent gerichteter An- 
Spruch“ liegt hingegen vor, wenn der Ansprucherheber zwar weiß, daß 
Sr die Erfüllung seines Anspruches erfahren könne, ihm jedoch 
diese Erfüllung als eigene Erfahrung gleichgültig ist, ihm vielmehr
	        
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