Sn Staats-Gesellschaft, Rechts-Gesellschaft und Wirtschafts-Gesellschaft, 525
wird durch sie ein besonderer Verband, nämlich ein „durch staatlich
gemeinte Befehle begründeter Verband“ begründet, Diesen
Verband kann man auch abgekürzt, aber ungenau, einen „Staats-
verband“ nennen. Wird von „Staatsbürgern“ gesprochen, so meint man
stets eine „Gesamtheit von Genossen eines durch staatlich
gemeinte Befehle begründeten Verbandes“. Als „Genosse“
eines „durch staatlich gemeinte Befehle begründeten Verbandes“ muß
jemand weder „Staatsuntertan“ noch „Staatsbeherrschter“ sein, er ist viel-
mehr nur von einer Pflicht betroffen, welche durch einen an ihn ge-
richteten staatlich gemeinten Befehl begründet wurde. In gewöhnlicher
Rede ist aber das Wort ‚,Staatsuntertan‘“ mehrdeutig, da es jemanden
als „von einer besonderen Staatsmacht Betroffenen“ und als
„Staatsbeherrschten“ und als „Genossen eines durch staatlich
gemeinte Befehle begründeten Verbandes‘ bezeichnet, in
welcher Mehrdeutigkeit sich die mangelnde Unterscheidung von „Herr-
schermacht‘“ und ‚,Herrschaft‘“, von ‚,Befehlgeltung‘“ und „‚Pflicht-
begründung durch Befehl‘ offenbart. Auch wird das Wort „Staats-
verband‘“ immer wieder mit dem Worte „Staat‘ vertauscht, wodurch
sich unlösbare Verwirrung ergibt.‘ Die „Allgemeine Staatslehre‘‘ wird
überhaupt erst in der Lage sein, die in ihr erhobenen Fragen klar zu
beantworten, wenn sie aufhört, überlieferte Worte, die alle mehrfachen,
je unklaren Sinn haben, aufs Geradewohl zu verwenden, und zunächst
einmal einen Schatz von Worten schafft, deren jedes nur einen
klaren Sinn hat.
„Staatlich gemeinte Befehle“ werden gewöhnlich „Gesetze“
(„Staatsgesetze“) genannt. Der ohnehin bekannten, aber in Wahrheit
doch meist nicht genügend beachteten Zweideutigkeit des Wortes „Ge-
setz“, das einmal das Gegebene „identisch begründete Wirkens-
zusammengehörigkeit“, das. andere Mal das Gegebene. „An-
spruch“ (insbesondere „Befehl“) bezeichnet, haben wir bereits gedacht,
Wegen dieser Zweideutigkeit des Wortes „Gesetz“, die, wie bekannt,
geradezu erstaunliche gedankliche Verwirrung gestiftet hat und leider
noch immer stiftet, empfiehlt es sich, das Wort „Gesetz“ überhaupt
nicht zu verwenden, was dadurch erleichtert wird, daß andere eindeutige
Worte zur Verfügung stehen. Das sogenannte „Staatsgesetz“ insbe-
sondere ist nichts anderes als ein „staatlich gemeinter Befehl“. Aller-
dings scheint man im Gebrauche des Wortes „Staatsbefehl“ meist nicht
überhaupt an einen „staatlich gemeinten Befehl“, sondern insbesondere
an einen „gültigen staatlich gemeinten Befehl“ oder an einen „Pflicht
begründenden staatlich gemeinten Befehl“ oder. an einen „Pflicht be-
gründenden und gültigen staatlich gemeinten Befehl“ zu denken —
wir sagen, man „scheint“ daran zu denken, denn hinsichtlich des Wortes
Gesetz“ findet sich in der Staatslehre nicht mindere Unklarheit und