Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

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11. Kapitel, a 
dingungen gedacht, so daß also kein bloß Wünschender als Wünschender 
weiß, ob die von ihm gewünschte Veränderungsreihe hinsichtlich ihres 
Beginnes „zukünftig wirklich“ oder „möglich“ oder „unmöglich“ ist: 
Wünscht z. B. jemand, „daß sein Freund komme“, so weiß er zwar, 
daß „Kommen seines Freundes“ überhaupt ihm Unlustverlust und Lust: 
gewinn wirken würde, d. h. seiner Seele ein Allgemeines zugehört, welches 
in Beziehung zu den Veränderungsgewinnen im „Kommen seines Freundes“, 
als grundlegende Bedingung für die gewünschte Doppelveränderung seiner 
Seele in Betracht kommt, er weiß aber nicht, ob sein Freund kommen 
wird oder ob dieses Kommen „möglich“ ist, d. h. er weiß nicht, ob in 
der Welt jene Allgemeinen gegeben sind, welche als wirkende und 
grundlegende Bedingungen für den „Beginn“ jenes Kommens in Be- 
tracht kommen. Da nun also eine „gewünschte“ Veränderungreihe stets 
hinsichtlich der ersten Veränderung, also auch als ganze Veränderungs- 
reihe, ohne Beziehung zu ihren wirkenden und grundlegenden Be- 
dingungen gedacht ist, können wir auch sagen, daß das „Gewünschte“ 
eben stets bloß als „Veränderungsreihe“, nicht als „Wirkungsreihe“ 
gedacht ist. Der Behauptung aber, daß der Wünschende als solcher 
niemals um die Möglichkeit des Gewünschten selbst weiß, scheint ent- 
gegenzustehen die Unterscheidung der „Wünsche“, in welchen „Mög- 
liches“ gewünscht wird, von jenen „Wünschen“, in welchen „Unmög- 
liches“ gewünscht wird. Indes trifft diese Unterscheidung nicht das 
Wünschen selbst, sondern beruht auf Erwägungen, die außerhalb des 
Wünschens vom Wünschenden selbst oder Dritten hinsichtlich eines 
besonderen Gewünschten angestellt werden. Denn selbstverständlich 
kann hinsichtlich jedes Gewünschten gefragt werden, ob es „möglich“ 
oder „unmöglich“ ist, ohne daß jedoch eine Antwort auf solche Frage 
dem Wünschen selbst zugehören würde. Das „Gewünschte“ selbst ist 
im Wünschen stets ein hinsichtlich seiner Bedingungen beziehungs- 
frei („für sich“) Gewußtes, und so können denn „Wünschen von Mög- 
lKchem“ und „Wünschen von Unmöglichem“ nicht Besonderheiten von 
„Wünschen schlechtweg“ sein, da als „Mögliches“ Gewußtes und als 
„Unmögliches“ Gewußtes ein in Beziehung zu seinen grundlegenden 
Bedingungen Gewußtes ist, „in Beziehung Gewußtes“ aber niemals Be- 
sonderheit eines „beziehungsfrei“ Gewußten sein kann. Ebenso wird 
auch z. B. „Gedanke an einen Stein“ nicht besondert durch „Gedanken 
an wirklichen Stein“, weil eben kein Gegebenes durch eine Beziehung 
besondert wird, alle Wissensbesonderheiten sich aber nur aus Besonder- 
heiten des Gewußten ergeben. 
Da in jedem einem „Wünschen“ zugehörigen Gedanken auch eine 
Doppelveränderung der eigenen Seele von gegenwärtig Gegenständ- 
lichem zu anderem Gegenständlichen, und von gegenwärtiger Unlust 
zu Unlust gedacht ist, ist auch jeder Wünschende ein „Selbstbewußter“.
	        
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