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Lehre weiter ausgebaut hat%, Danach werden in Gegensatz gestellt:
„Naturwissenschaft und Geschichte‘ oder „nomothetische‘‘. = Ge-
setzeswissenschaft und „idiographische‘‘ = beschreibende Wissen-
schaft.
Diese Gegenüberstellung ist nun aber, und zwar in allem Deu-
tungen, die man ihr gegeben hat, falsch.
„Naturwissenschaft und Geschichte“ bilden überhaupt keinen sinn-
vollen Gegensatz. Es muß doch wohl immer heißen: Naturwissen-
schaft und Geschichtswissenschaft oder: wenn man die auf die Ge-
schichte anzuwendende Forschungsweise durch das Wort „Wissen-
schaft“ nicht vorher bestimmen will: Lehre von der Natur und Lehre
von der Geschichte (Kultur).
Daß diese Gegenüberstellung oder Entgegenseizung an sich einen
großen Vorteil bedeutete, habe ich bereits bemerkt. Aber der Sinn,
den man dem Gegensatze gab, war wiederum falsch. Der Gegensatz
wurde von Droysen gefaßt als der Gegensatz der Lehre vom „All-
gemeinen‘ und der Lehre vom „Individuellen‘“. Falsch. Denn
es gibt sowohl in der Naturbetrachtung wie in der Kulturbetrachtung
die beiden Möglichkeiten, das „Allgemeine‘“ wie das „Individuelle“
zu erforschen. Der Nationalökonom, der von dem Bankwesen spricht,
behandelt das Allgemeine und der Astronom, der die Protuberanzen
der Sonne beobachtet, oder der Geograph, der die Ausbrüche des
Vesuvs beschreibt, das Individuelle.
Daß wir von „Wissenschaft‘“ im strengen Sinne immer nur
sprechen sollten, wenn wir das Allgemeine zum Gegenstande unserer
Betrachtungen machen, scheint mir zweckmäßig. Denn es bleibt doch
wohl dabei, daß Aristoteles recht hat mit seinem Wort: „nulla
scientia nisi de universalibus.“
Von den „Südwestdeutschen“ ist dann der Gegensatz aufgestellt
worden von nomothetischer und idiographischer Forschungs-
weise.
Faßt man den Gegensatz so, daß die eine Forschungsweise die
der Naturwissenschaften, die andere die der Kulturwissenschaften ab-
geben soll, so ist auch diese Gegenüberstellung offensichtlich falsch.
5 Siehe die in Anm. 20 u, 27 genannten Schritten.