175
schaften: Mathematik und Gedankenwelt auch zum „objektiven‘“ Geiste
rechnen will — von dem in irgendwelchen Symbolen objektivierten
Geiste handeln.
Daß alle Kulturwissenschaften, also auch die Nationalökonomie,
Geistwissenschaften und nichts anderes sind, und daß es falsch
ist, wie man gelegentlich äußern hört, die Kultur- und Geistwissenschaft
in einen Gegensatz zueinander, zu stellen, möchte ich noch mit aller
Entschiedenheit betonen. ‘Und das zwar angesichts der Tatsache, deren
Bedeutung ich mich keineswegs verschließe, daß die Wirtschaft, wie
alle Kultur, nicht nur aus Geist besteht, sondern ebenso aus Seele
und Körper: jeder Entschluß zu wirtschaftlichem Handeln wie jede
Arbeitsleistung zur Ausführung dieses Entschlusses ist Seele und jeder
Baumwollballen wie jeder Ochse ist Körper. Trotzdem „Geist“ wissen-
schaften, da Seele und Körper nur im Geistigen ihren Sinn finden,
nur durch die Sphäre des Geistigen hindurch „verstanden“ werden,
äberhaupt Objekte der Erkenntnis nur im Zusammenhange des
Geistigen werden: weder das Motiv des Unternehmers, noch der
Ochse gehen uns etwas an, sofern sie nicht in den Geist- oder Sinn-
zusammenhang „Betrieb‘“ eingebettet sind. Worüber an anderer Stelle
noch sehr viel mehr zu sagen ist: siehe das dreizehnte Kapitel!
Die Nationalökonomie ist also keine Naturwissenschaft, obwohl
sie mit Naturdingen, keine Seelwissenschaft, obwohl sie mit Seelen-
zuständen zu tun hat. Sie ist aber auch keine angewandte Psycho-
logie aus Gründen, die ich schon dargelegt habe, noch gar eine an-
gewandte Naturwissenschaft, etwa der Biologie, wie man uns nahe-
gelegt hat, anzunehmen ®. Welches Verhältnis die verstehende Na-
tionalökonomie zu den seelischen und natürlichen Erscheinungen
hat, die sie selbstverständlich in den Bereich ihrer Untersuchungen
ainbeziehen muß, werde ich ebenfalls am geeigneten Orte darlegen:
siehe wiederum das dreizehnte Kapitel!
Die Nationalökonomie steht aber auch nicht „mitteninne‘ zwi-
schen verschiedenen Wissenschaften, sie nimmt keine „intermediate
8 Ludwig Woltmann, Politische Anthropologie. 1903. S. 131. Siehe die
Widerlegung schon bei FF. Eulenburg, Gesellschaft und Natur. 1905. Archiv
Sür Soz.-Wiss. usw. 21, 551f., und F. Tönnies, Zur naturwissenschaftlichen
Gesellschaftelehre in Schmollers Jahrbuch. Bd. 24. 1905.