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werden, sind also höchstens empirisch immer sozial bestimmt, die
Wirtschaft ist es aber, wie wir sahen, notwendig, das heißt a priori.
Eine nicht in der Gesellschaft verwirklichte Wirtschaft gibt es nicht,
eine „reine‘“ Ökonomie, die nicht mit soziologischen Kategorien ge-
dacht würde, ist ein Unbegriff, Die Wirtschaft gehört eben zu den-
jenigen Kulturbereichen, die Gesellschaft sind, zum Unterschiede
von denen, die Gesellschaft haben. Diese beiden Gruppen sind im
wesentlichen die von Schleiermacher unterschiedenen Bereiche des
organisierenden und symbolisierenden Handelns. Die Wirtschäft ge-
hört mit Recht und Staat zum Bereiche des organisierenden Handelns
und ist deshalb Gesellschaft.
Zwölftes Kapitel
Das System
Was uns nunmehr zu tun obliegt, ist: die Mittel und Wege aus-
ündig zu machen, die imstande sind, die Nationalökonomie zu einer
selbständigen geistigen Einheit zu gestalten, die wir „Wissenschaft“
nennen. Ein Wissensaggregat wird zu einer Wissenschaft bekanntlich
dadurch, daß die einzelnen Bestandteile zu einem System zusammen-
gefügt werden. Kant, der in diesen (wissenschaftlichen) Dingen alles
gesagt hat, was gesagt werden kann, spricht von der Architektonik,
als der Kunst systematischer Vereinheitlichung der Erkenntnis. „Ich
verstehe unter einer Architektonik die Kunst der Systeme. Weil die
systematische Einheit dasjenige ist, was gemeine Erkenntnis aller-
erst zur Wissenschaft, das ist aus einem bloßen Aggregat derselben
ein System macht, so ist Architektonik die Lehre des Szientifischen
in unserer Erkenntnis überhaupt.‘ %
Wissenschaft wird also in dem schönen Bilde eines Gebäudes ge-
sehen, das aus einzelnen Bestandteilen aufgeführt wird, aber nach
einem einheitlichen Plane, der schon die Einheit des Ganzen in sich
enthält: dieser Bauplan ist das System. Zur Entwerfung des Bauplans
bedarf es nun aber einer Idee, die die mannigfaltige Erkenntnis zu
einem System zusammenfassen kann, einer Idee im Kantischen, also
nicht im ontologischen, sondern im logischen Sinne, wo Idee nicht
65 Kant, Kritik der reinen Vernunft, ed. Kirchmann, S, 640/41.