Full text: Die drei Nationalökonomien

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Wirtschaftsleben angehören oder einem progressistischen — be- 
trachte „als ob‘ er statisch oder „als ob“ er dynamisch sei. Durchaus 
einwandfrei ist die Art, wie Mill sich dieses Schemas. bedient. 
Der zweite Umstand, der beachtet werden muß, wenn man 
sich mit Vorteil des Schemas: statisch — dynamisch bedienen will, ist 
lieser: daß die Begriffe Statik und Dynamik nur dann Sinn haben, 
wenn sie mit Bezug auf ein bestimmtes Wirtschaftssystem, 
also im Rahmen unserer Gestaltidee, verwendet werden. Es ist ein 
gründlicher Irrtum, den die heutigen sogenannten „Theoretiker‘“ der 
Nationalökonomie sehr oft begehen — auch bei dem klugen Clark 
findet er sich —, daß sie meinen: zu inhaltlicher Bestimmung eines 
Wirtschaftszustandes genüge es, ihn als „statisch‘“ oder „dynamisch“ 
zu bezeichnen. Es spielt hier die oben gerügte Verwechslung von 
Vernunftbegriff und Erfahrungsbegriff hinein. Jene Autoren sollten 
sich doch darüber klar sein, daß „eine dynamische Wirtschaftsgesell- 
schaft“ („a dynamical economic society“ bei Clark), das heißt eine 
„Wirtschaftsgesellschaft‘“ mit: zunehmender Bevölkerung, zunehmen- 
dem Kapital, technischem Fortschritt, Neuorganisation, Neugestaltung 
des Bedarfs ganz und gar nicht wesentlich gekennzeichnet ist. Diese 
Merkmale kann ebensogut eine „kapitalistische‘“‘ wie eine „sozialisti- 
sche‘ Gesellschaft aufweisen, und offenbar trägt sie im einen und im 
anderen Falle ein grundverschiedenes Gepräge. Erst wenn ich weiß, 
um was für ein Wirtschaftssystem es sich handelt, fasse ich 
Probleme einer ganz bestimmten Prägung, wenn ich dieses Wirt- 
schaftssystem je im Zustand der Ruhe oder der Veränderung be- 
trachte. 
Verwandt mit den eben besprochenen — aber sehr viel tiefer — 
sind die Ideen der Aktualität und Potenzialität, wie man die 
beiden Auffassungen nennen könnte, nach denen das Wirtschafts- 
leben entweder als eine Summe schon gezeitigter Ergebnisse oder als 
ein Inbegriff von Möglichkeiten betrachtet wird: der „Reichtum“ 
in actu als Gütermenge oder in potentia als produktive Kräfte. Ich 
habe an einer anderen Stelle‘? dargetan, daß sich durch diese ver- 
schiedene Einstellung die Nationalökonomie der Klassiker und der 
7 Siehe meinen „Modernen Kapitalismus‘. Bd. IL. S. 913,
	        
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