Full text: Die drei Nationalökonomien

203 
mit. Hat die Auseinandersetzung einen solchen Kern, so gleicht sie 
der Note einer Bank, die Kontanten in Kasse hat: jede andere, aus 
bloßen Begriffskombinationen entsprungene hingegen ist wie die Note 
einer Bank, die zur Sicherheit wieder nur andere, verpflichtende Pa- 
piere hinterlegt hat.“ (Dieses wundervolle Bild könnte vielleicht auf 
die ganze nationalökonomische Schriftstellerei übertragen werden, und 
man könrte hier alle „anschaulichen‘‘ Denker als die „Metallisten“ 
und alle „abstrakten‘“ [so besser als „rationale‘“] Denker als die 
„Chartalisten‘“ im übertragenen Sinne kennzeichnen. Ich glaube in 
der Tat, daß hier ein tieferer Einteilungsgrund für das nationalöko- 
nomische Schrifttum gefunden wäre, als irgendeine „Geschichte der 
nationalökonomischen Literatur‘ ihn enthält.) 
Das Gesagte, ich wiederhole es, trifft für Natur- wie Geistwissen- 
schaft gleichermaßen zu: aus den Lebensbeschreibungen Newtons, 
Galileis und anderer großer Naturforscher wissen wir, daß ihnen 
zunächst immer das „Ganze‘“ der Erkenntnis vor Augen gestanden 
hat, ehe sie an die analytische Behandlung und Verarbeitung des 
Stoffes gingen. Wenn jetzt die Husserl-Schule mit der Methode 
ihres „ideirenden‘ Heraushebens des wandellos Geltenden in den 
Dingen die „Intuition“ wieder stärker betont, so bedeutet das auch 
nichts anderes als die Wiedereinsetzung eines durch die übertriebene 
Abstraktheit, namentlich des Marburger Denkens, vernachlässigten, ich 
möchte sagen: selbstverständlichen Verfahrens in sein Recht, 
Und trotzdem ist der Zorn Max Webers, mit dem er den Mode- 
Anschauungs-Denkern sein berühmtes Wort entgegenschleuderte: 
„Wer Anschauung will, soll ins Kino gehen‘ durchaus berechtigt. 
Es richtet sich gegen ‚diejenigen, die mit dem Begriffe „Anschau- 
ung‘ Mißbrauch getrieben haben, die insonderheit das Erkennen 
als „Nur-Anschauung‘“ aufgefaßt haben. Davon kann und darf 
natürlich keine Rede sein. Wir müssen uns vielmehr immer bewußt 
bleiben, daß wissenschaftliche Erkenntnis außer der Anschauung 
immer auch der „Ratio‘“ bedarf, die ihr die kategoriale Fassung des 
„Geschauten‘“ bereitstellt, ohne die es kein aufweisbares und vor 
allem kein durch die Sprache übertragbares Wissen gibt. Und diese 
kategoriale Fassung, diese Einspannung in ein Begriffssystem, gehört 
natürlich zu dem ‚Verstehen‘ genau so notwendig, wie zu jeder
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.