213
von keiner der zahlreichen, nominalistischen Theorien des Kapita-
lismus befriedigt. worden. Auch die geistvollste, die aus der Feder
Peter von Struves stammt®, erscheint mir unbegründet. Denn
wenn dieser kluge Schriftsteller die Realität des Kapitalismus (und
Sozialismus) dadurch wegbeweisen zu können meint, daß er sagt:
diese „angeblich realen Wesen‘ „sind doch nur verschiedene Ge-
staltungen des einen lebendigen Ganzen, der Gesellschaft‘, so muß
man doch fragen: was denn diese „lebendige Gesellschaft“ sei, wenn
wir Kapitalismus oder Sozialismus aus ihr wegdenken. In Wirklich-
keit sind ja Kapitalismus und Sozialismus Formen der „Gesellschaft‘‘,
hinter denen gar nichts steckt. Ohne sie „ist‘“ die Gesellschaft gar
nicht und gewiß nicht „real“.
Zur Verdeutlichung des Gesagten will ich, außer dem Wirtschafts-
system, noch einige andere Beispiele von Stilzusammenhängen
anführen: das Berliner. Verkehrswesen; die Lebensmittelversorgung
einer Großstadt; eine Expansionskonjunktur der Eisenindustrie; ein
„Schwarzer‘‘ Tag.an der Börse; der Goldhandel der Erde; das Ar-
bitragegeschäft; die Arbeitslosigkeit in Deutschland; die Kriegswirt-
schaft.
Man kann an jeder Einzelerscheinung leicht feststellen, ob sie
einem Stilzusammenhange angehört oder nicht. Sie tut es, wenn einer-
seits kein Zweck sich nachweisen läßt, der die Einheit des Zusammen-
hangs bildet, andererseits aber die Erscheinung selber sich als zu-
gehörig zu einem Sinnzusammenhang bestimmen läßt, das heißt,wenn
man es der Einzeltatsache ansieht, in welchen Zusammenhang sie zu
rechnen ist. Man sehe sich einen Lohnvertrag an, und man wird
sogar das Stadium des Kapitalismus feststellen können, in dem er
abgeschlossen ist. Gleichfalls ein Beweis für die Zugehörigkeit einer
Tatsache zu einem Stilzusammenhang, falls sie nicht etwa einem
Zweckzusammenhang zugehört, ist die Notwendigkeit ihres Soseins,
die durch den Sinnzusammenhang begründet wird: es liegen hier
bestimmte Strukturgesetzmäßigkeiten vor, wie ich im fünfzehnten
Kapitel noch näher ausführen werde,
8 Poter von Struve, Die Marxsche Theorie der sozialen Entwicklung im
Archiv für Sozialwissenschaft usw. Bd. XIV.