Full text: Die drei Nationalökonomien

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2. Metaphysik und Nationalökonomie 
Daß richtende Nationalökonomie, die wir als Metaphysik erkannt 
hatten, möglich ist, beweist die Tatsache, daß sie da ist; wie sie 
möglich ist, habe ich im sechsten Kapitel darzulegen versucht. 
Wenn ich nun an dieser Stelle die Frage aufwerfe: ob sie not- 
wendig, das heißt unvermeidlich ist, ob — mit anderen. Worten — 
die Nationalökonomie nie anders als eine richtende, normative Er- 
kenntnisweise sein kann, so bedeutet das in etwas erweiterter Form 
die Frage: ob wir Nationalökonomen Metaphysik treiben müssen, 
wenn wir die Wirtschaft erkennen wollen, ob Metaphysik ein wesens- 
notwendiger Bestandteil unseres Erkennens ist, ob in jedem Urteil 
eines Nationalökonomen metaphysische, das heißt „weltanschauliche“ 
Bestandteile unausbleiblich vorhanden sind, wieweit nationalökonomi- 
sche Erkenntnis „weltanschaulich‘‘ verankert, gebunden, bedingt ist. 
Mit dem Hinweis auf diese wesensnotwendige Bindung an eine be- 
stimmte Weltanschauung wird von den gescheiteren Gegnern die 
„wertefreie‘‘“, „positivistische‘“ Nationalökonomie bekämpft, und es 
ist wichtig, daß wir diesen Punkt sehr gründlich erörtern, da tal- 
sächlich an dieser Stelle die Schlacht entschieden wird. (Positivistisch 
nannte ich eben die von mir vertretene Nationalökonomie; ich hätte statt 
dessen auch sagen können: „wissenschaftlich“. Denn der Positivis- 
mus gehört zum Wesen der Wissenschaft ebenso, wie er dem Wesen 
aller echten Philosophie fremd ist. Jemanden, der die ‚„Wertefrei- 
heit“ der Wissenschaft fordert, des „philosophischen‘‘ Positivismus 
anzuklagen, ist albern.) 
Die Prüfung der Sachlage ergibt nun folgendes‘: 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir von einem „Standpunkt“ 
aus erkennen, das heißt: daß alles menschliche Wissen „seins- 
gebunden‘ ist, aus dem sehr einleuchtenden Grunde, weil es von 
endlichen Wesen in Zeit und Raum gehandhabt wird. Das gilt für 
4 Erst nach Abschluß dieses Kapitels erhalte ich die Abhandlung von Eduard 
Spranger, Der Sinn der Voraussetzungslosigkeit in den Geisteswissenschaf ten. (Aus 
den Sitzungsberichten der Preuß. Akademie der Wiss. Phil.-Klasse 1929), die das 
hier behandelte Problem ebenfalls zum Gegenstande hat. Zu meiner Freude be- 
gegnen sich unsere Ansichten in weitem Umfange. Meine Ausführungen können 
als Ergänzung zu den Darlegungen Sprangers dienen.
	        
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