53
schaft, das 1857 erschien. Hier heißt es: „Wir wollen... einerseits
die Beantwortung jener großen Probleme, welche die Gegenwart in
ihrem tiefsten Innern bewegen und größtenteils als ökonomische
bezeichnet werden dürfen, nicht anderen minder kompetenten
Wissenszweigen überlassen, und andererseits die Behauptung, daß die
Menschheit bereits an das Ende ihrer Laufbahn angelangt, somit
keine Zukunft... mehr habe, ferner die Kraft und die Berechtigung
des praktischen Menschengeistes zur Hervorbringung neuer, noch
nicht vorhandener sozialökonomischer Gestaltungen nicht in Zweifel
ziehen; wollen wir keinen bloß äußerlichen, daguerreotypartigen (!)
Abdruck des Seienden und Gewordenen liefern (Bezug auf Lotzes
Mikrokosmos!) oder aber dem starren, tatenlosen Prinzipe eines
gnostisch-beschaulichen Quietismus gedankenlos huldigen: so werden,
ja müssen wir auch die Aufgabe unserer Wissenschaft (!) auf ein
breiteres, ausgedehnteres Gebiet stellen.‘“5* Mit einem Wort: die
Nationalökonomie muß auch das Seinsollende lehren; sie muß
richtende Nationalökonomie sein, und zwar auf der Grundlage eines
sozialen Rationalismus.
Derjenige Nationalökonom. der diesen Gedankengängen zuerst die
programmatische Spitze gegeben hatte und dessen Auslassungen als
„bahnbrechend‘“ von den Zeitgenossen empfunden wurden, war
Schüz gewesen mit seinem Aufsatze über „Das sittliche Moment
in der Volkswirtschaft‘“ im ersten Jahrgange der Tübinger Zeitschrift
(1844). Schüz führt hier aus, daß auch dem spekulativen Elemente
eine Stelle in der Nationalökonomie gebühre, daß die Wissenschaft
Resultat zweier Faktoren: der Erfahrung und der menschlichen Ver-
nunft, sei und daß es in ihrem Aufgabenkreis liege, die Überein-
stimmung der tatsächlichen Verhältnisse mit den Geboten und den
Forderungen der sittlich-praktischen Menschenvernunft anzubahnen.
An einer anderen Stelle desselben Bandes bezeichnet er als eine der
Aufgaben der Nationalökonomie „das natur- und vernunftgemäße
Ideal der Wirtschaft der Völker usw. zu untersuchen“,
Im Anschluß an Schüz hat dann vor allem der schon genannte
Julius Kautz versucht, ein System der „ethischen“ National-
54 Julius Kautz, Die Nationalökonomik als Wissenschaft. 1857. 5. 397.
55 Julius Kautz, a. a. O0. 8. 397.