Full text: Die drei Nationalökonomien

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seiner Gedanken. Überall, wo „Werturteile‘“ in nationalökonomischen 
Werken gefällt werden, haben wir solche Überreste und Spuren vor 
uns, wie das später noch zu begründen sein wird. Aber auch, wo wir 
den Versuchen einer „Zurechnung‘“ bestimmter Einkommensbeträge 
zu bestimmten Produktionsleistungen begegnen, stehen wir vor Rudi- 
menten des sozialen Rationalismus. Was es nun mit diesem wie mit 
aller richtenden Nationalökonomie erkenntnistheoretisch eigentlich 
auf sich hat, soll im folgenden Kapitel untersucht werden. 
Sechstes Kapitel 
Die Erkenntniswege der richtenden Nationalökonomie 
1. Die Begründung der richtenden Nationalökonomie durch 
ihre Vertreter 
Als das der richtenden Nationalökonomie eigentümliche Erkennt- 
nisziel hatten wir die Erkenntnis des Seinsollenden aufgefunden. 
„Sein‘‘ und „Sollen“ sind nach dieser Auffassung gleicherweise 
Gegenstände der Erkenntnis, darauf kommt es an. Es handelt sich 
nicht darum, Postulate für praktisches Verhalten aufzustellen — das 
mögen temperamentvolle Vertreter dieser Richtung nebenbei tun —, 
sondern darum, zu erkennen, was gut und böse, ja sogar: was 
„richtig“ und „falsch‘“ in der Wirtschaft ist. Die wenigsten National- 
ökonomen; die dieses schwindelnd hohe Ziel erstrebten, sind sich 
überhaupt der Kühnheit ihres Unterfangens bewußt geworden. Nur 
wenige haben es unternommen, es zu rechtfertigen. Meist haben es für 
sie ihre Philosophen getan, denen sie gefolgt sind und an die wir 
uns nun vornehmlich halten müssen, wenn wir nach einem Nachweise 
der Notwendigkeit oder auch nur Zulässigkeit der sonderbaren Ziel- 
setzung Ausschau halten. Denn sonderbar muß dem unbefangenen 
Verstande der Gedanke anmuten: es könne auf dem Wege der 
„Wissenschaft“ als richtig oder falsch festgestellt werden, was jemand 
tun soll. Aber natürlich ist der „unbefangene Verstand‘, den wir auch 
als „gesunden Menschenverstand“ zu bezeichnen pflegen, kein höchster 
Richter in verwickelten wissenschaftlichen Fragen. Wir müssen des- 
halb ohne alle Voreingenommenheit an die Untersuchung des Pro- 
blems herantreten.
	        
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