Full text: Die drei Nationalökonomien

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wenn ich darangehe, meine Ideale aufzustellen und zu verwirklichen? 
Wollte man aber geltend machen, daß in „Tendenz“ oder „Her- 
kommen‘“ die Notwendigkeiten zulage treten, die mein freies Han- 
deln beschränken, so wäre darauf zu erwidern, daß mit diesem Hin- 
weis der Boden des Erfahrungswissens verlassen und der des Evidenz- 
wissens betreten sei, über dessen Verwendbarkeit für unsere Zwecke 
alsobald: gesprochen werden wird. 
Auch die Versuche, die ebenfalls hierher gehören: aus der „Natur“ 
oder dem „Wesen‘‘ des Menschen oberste Zwecke empirisch ableiten 
zu wollen, müssen scheitern. Denn offenbar werden ja die „Natur“ 
oder das „Wesen“ des Menschen ihrerseits erst erkannt aus dem 
obersten Zwecke, der dem Menschen gesetzt ist, das heißt aus der 
Bestimmung des Menschen. 
Deshalb lehnt, von ihrem Standpunkt aus wie mir scheint durchaus 
mit Recht, die herrschende katholische Moralphilosophie die Versuche 
einiger Moralphilosophen jesuitischer Observanz, wie des alten Suarez 
und des modernen Cathrein u. a. ab, die als das Wesen der Sittlich- 
keit die Übereinstimmung mit der vernünftigen Menschennatur be- 
zeichnen 78, 
Mit diesen Erwägungen scheint mir der pragmatistische Beweis 
srledigt zu sein. ; 
Wenn das Erfahrungswissen versagt, so hilft uns vielleicht das 
Evidenzwissen weiter. Unter Evidenzwissen will ich die Einsicht 
in die Notwendigkeit eines Sachverhaltes verstehen. Und zwar in das 
notwendige Sein eines Sachverhaltes. Der Begriff „notwendig“ wird, 
wie das so üblich ist, in einem doppelten Sinne gebraucht (dieser 
doppelte Sinn vertritt hier wie so häufig bei den „philosophischen“ 
Eskamotagen, die ja so sehr beliebt sind, den doppelten Boden bei den 
Taschenspielerkunststücken im Variete), einmal nämlich im Sinne 
eines notwendigen Seins, das andere Mal im Sinne eines notwendigen 
Sollens. . Notwendiges Sein bedeutet, daß etwas nicht anders sein 
kann,.notwendiges Sollen, daß etwas nicht anders sein soll. Für das 
Evidenzwissen: „2Xx2=4“, „der Teil ist kleiner als das Ganze“ 
kommt ersichtlich die Seinsnotwendigkeit in Frage. 
AR A NE 
76 Siehe die dagegensprechenden Gründe bei J. Mausbach, a. 4.0. S. 3245.
	        
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