Full text: Deutscher Industrie- und Handelstag

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nach der Haushaltsordnung zur Verminderung des Anleihebedarfs 
oder zur Schuldentilgung zu verwenden waren, wurden zur Ent— 
lastung des nächsten ordentlichen Haushalts verwendet. Der Rüge 
des Rechnungshofes half man ab, indem man für die Jahre 1927 
und 1928 die unangenehme Bestimmung der Reichshaushaltsord— 
nung durch das Reichshaushaltsgesetz außer Kraft setzte. Eine 
Steuersenkung erfolgte lediglich 1926 durch Minderung der Um— 
satzsteuer und Wegfall und Erleichterung der Fusionssteuer. An 
das Notwendigere, eine umfassende Ausgabensenkung, wie sie frei— 
lich nicht ohne Gesetzesänderungen und durchgreifende politische 
Kraftanstrengung möglich gewesen wäre, ging man nicht. Die 
Folgen, wie sie sich in der schwebenden Verschuldung ausdrücken, 
sind bekannt. 
Man hört manchmal, es habe die Sparaktion des 
Reichstags vom März 1029 die Hauptschuld an dieser Zer— 
rüttung der Verhältnisse. Sie kürzte die Ausgaben um 182 Mil— 
lionen, erhöhte die Einnahmeansätze um 70 Millionen und ver— 
minderte die vom Reichsfinanzminister geforderten Steuer— 
erhöhungen von rund 380 Millionen auf 90 Millionen. In der 
Tat konnten die Ausgabenkürzungen von 182 Millionen bis auf 
24 Millionen durchgeführt werden, wennschon manche Ausgaben 
wiederkehren werden. Daneben freilich gestaltete sich die Einnahme— 
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nahmen, so zwar, daß der Nachtragshaushalt für 1929 das Zurück— 
bleiben der Steuern auf 280 Millionen bezifferte, und es ist nicht 
ausgeschlossen, daß die Endergebnisse noch ungünstiger sein werden. 
So stehen wir vor einer völligen Wandlung des Steuer— 
programms, ja vor mehr, vor der Notwendigkeit einer ganz grund— 
sätzlichen Reuorientierung unserer Finanzpolitik, 
wie sie im wesentlichen bereits das Ziel des Reichsfinanzministers 
Hilferding und des Staatssekretärs Professor Popitz gewesen war, 
wennschon dieses Programm allzu lange verzögert und mit ein— 
zelnen, seinen grundsätzlichen Erfordernissen fremden Parteiforde— 
rungen zu sehr beengt und belastet war. 
Es gilt, dabei den Blick zunächst auf einige einfache Gesamt- 
ziffern unseres Volkshaushalts zu richten. Nach den 
Berechnungen des Statistischen Reichsamts lag auf dem auf 
70 Milliarden geschätzten Volkseinkommen im Jahre 1929 eine Ge— 
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