Full text: Deutscher Industrie- und Handelstag

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rufen. Grundsätzlich sind die Handelskammern durchaus bereit, 
dem Rechnung zu tragen, daß wir in einer Zeit außerordentlicher 
Umwälzungen leben. Aber sie werden vier Gesichtspunkte mit 
Nachdruck betonen müssen: Erstens,es geht nicht an, In— 
landspreise ganz ohne Rücksicht auf den Welt— 
markt und die weltwirtschaftliche Verflechtung 
Deutschlands auf die Dauersohoch zuhalten,daß 
sich hieraus eine Verteuerung der Lebenshal— 
tung in Deutschland ergibt, die Deutschlands 
Ausfuhr wettbewerbsunfähig machen würde. 
Schutzmaßnahmen müssen daher so getroffen werden, daß sie den 
Drang der Landwirtschaft, ihre Kosten zu senken und sich den 
heimischen Bedürfnissen anzupassen, nicht mindern, sondern stärken. 
Das bedeutet, daß die heimische Agrarpolitik nicht schlechthin den 
Zusammenhang mit der weltwirtschaftlichen Agrarfrage verlieren 
darf und daher, so wenig Deutschland den Getreidebau preisgeben 
darf, auf die Veredelungswirtschaft entscheidenden Wert legen muß. 
Zweitens müssen sich Schutzmaßnahmen aufdem Boden 
der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung halten 
und dürfen eine auch für die Landwirtschaft lebenswichtige Tätigkeit 
anderer Berufskreise nicht ausschalten. So gehört unseres Erachtens 
der Gedanke der Monopolbewirtschaftung des Getreides, 
wie er im letzten Sommer von Vertretern der Landwirtschaft wie 
ganz anders gerichteten Kreisen vertreten wurde, in einem so stark 
von Parteien beeinflußten Staate noch weniger als früher zu den 
tauglichen Mitteln. Das Maismonopol ist ein nicht unge— 
fährliches Zugeständnis, und es ist zu bedauern, daß es nicht mög— 
lich schien, auf andere Weise die Lücke zu schließen. Jedenfalls 
glauben wir, eine weitere Ausdehnung des Monopolgedankens ab— 
lehnen zu müssen, hoffentlich nicht nur für, sondern auch mit der 
Landwirtschaft. Wenn ferner jetzt geplant wird, dem Reichskabinett 
die Ermächtigung zu geben, die Zölle für Weizen, 
Roggen und Gerste je nach Sachlage festzusetzen 
und die Begrenzung hierfür lediglich im Ziele eines Richt— 
preises von 230 und 260 RM. zu finden, so liegt in einer 
solchen Ermächtigung, bei aller Würdigung der Beweggründe hier— 
für, eine Unsicherheit der Preisberechnung begründet, die auch für die 
Landwirtschaft sehr bedenklich werden kann. Man darf hier 
die Frage nicht etwa stellen: Landwirtschaft oder Getreide—
	        
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