Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Wenn Zwillinge geboren werden, ist es erlaubt, einen davon 
zu töten. Man übt Ahnenverehrung und Austreibung 
böser Geister. Bei jeder Mahlzeit wird eine Kleinigkeit für 
die Toten auf den Boden gesetzt, auch legt man etwas Tabak 
auf die Gräber. Die Männer betrinken sich mit Durra— 
bier. Ihre Frauen arbeiten nicht auf den Feldern, noch 
warten sie das Vieh. Sie führen nur den Haushalt und 
flechten Körbe. Im Kriege, oder wenn ein persönlicher 
Feind getötet wird, schneidet man eine Hand als Kriegs— 
trophäe ab. Der Missionar erzählte mir, daß er gern einen 
Cunamadolch besessen hätte, aber da er keinen habe finden 
können, der nicht gebraucht worden war, habe er darauf ver⸗ 
zichtet. 
Über die Rassenzugehörigkeit der Cunama wagte er keine 
bestimmte Meinung auszusprechen, was gewiß sehr klug 
war. Denn die Ahnlichkeiten und Unterschiede in Typus 
und Sitten zwischen den Stümmen dieses Gebietes machen 
die Beantwortung dieser Frage äußerst schwierig. Vielleicht 
hamitisch, sagen die Italiener, die sie am besten haben beob— 
achten und studieren können. 
Unseren letzten Abend in Barentu verbrachten wir im 
Dorf selbst. Es war Mohammeds Geburtstag, und die 
Klänge dieser besonderen Feier veranlaßten uns, vom Hügel 
herabzukommen und uns zu der Moschee, die weiß im 
Sternenlicht vor uns lag, zu begeben. Als Fremde ver— 
mieden wir es, die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Wir 
hatten uns sorgfältig einen für die Beobachtung geeigneten 
Standpunkt ausgesucht, weit genug entfernt, um die Fest— 
teilnehmer nicht zu stören, und doch nahe genug, um alles 
richtig sehen zu können. Innerhalb der Moschee lasen turban— 
hedeckte Männer in weißen Kleidern aus dem Koran vor 
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