Full text: Durch Abessinien und Erythräa

wollten und wir sie zwangen, weiterzumarschieren, taten 
sie alles, was sie konnten, um uns die Reise zu erschweren.“ 
Doch wurden auch einige interessante und lustige Episoden 
berichtet. Im Dorfe Lidjembera hatte man offenbar noch 
niemals Europäerinnen gesehen, und die äthiopischen Frauen 
waren so erschrocken bei ihrem Anblick, daß sie fluchtartig 
den Marktplatz verließen. Rote Menschen nannten sie die 
Fremden, nicht weiße. 
In den Residenzorten Ras Kassas und Ras Hailus wurde 
die Reisegesellschaft mit Ehren aufgenommen. Kassa selbst 
war in Fitsche nicht anwesend, aber sein Sohn Didjas Abarra 
und seine Mutter begrüßten die Gäste, gaben ihnen zu Ehren 
ein Festessen und veranstalteten eine „Fantasia“. Kassa hatte 
europäische Sitten so weit angenommen, daß sein Haus 
dem eines Schweizer Chalets glich und er ein Automobil 
besaß. 
In Adiet in Godjam, dem Wohnort Hailus verlief der 
Besuch ebenfalls ganz vergnüglich. Hailu ist einer der be— 
deutendsten Unterfürsten, ein Verbündeter Ras Taffaris und 
ein direkter Nachkomme von Tekla Haimanot, dessen Ge— 
dächtnis hoch in Ehren gehalten wird. Sein Heim ist typisch 
abessinisch, eine große landesübliche Hütte. Bei dem hier 
stattfindenden Festessen war für die Europäer eine Tafel 
aufgestellt, die dreihundert Eingeborenen jedoch saßen auf 
dem Erdboden, wo sie ihr rohes Fleisch verzehrten. 
Zwischen Gastgeber und Gästen wurden, wie üblich, Ge— 
schenke gewechselt. Die große Sammlung von Gewehren 
Ras Hailus, die sein Steckenpferd und Hauptschatz darstellte, 
wurde um ein neues Exemplar vermehrt. Die Damen emp—⸗ 
fingen hier wie auch an anderen Stellen in reichem Maße 
silberne Kreuze. Jedes Mitglied der Reisegesellschaft wurde 
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