Kritik weniger moralischer Entrüstung, als materiellen
Gründen zuzuschreiben ist. Ein beredter Ausdruck dieser
UÜberzeugung erschien während des Jahres 1926 in der Zeit—
schrift „Correspondence d'Ethiopie“. Dieses in Paris er—
scheinende Organ enthält Aufsätze in vier Sprachen:
Englisch, Deutsch, Französisch und Amharisch und wird
herausgegeben von Dr. Erich Weinzinger, einem Wiener,
der jahrelang in Abessinien gelebt hat.
Der erwähnte Brief war amharisch und nur unter—⸗
zeichnet „Ein junger Äthiopier“, weil der Verfasser eine so
hohe Regierungsstelle innehat, daß er seinen Namen nicht
gut nennen konnte.
Der Artikel begann mit der Aufzählung der Versuche der
englischen und italienischen Regierung, in Athiopien einzu—
dringen.
Dann: Welches sind die Vorwürfe, die Äthiopien
von Italienern und Engländern gemacht werden? Die
Hauptbeschwerde betrifft die Behandlung der Sklaven.
„Aber die Institution der Sklaverei ist ja nicht neu, und
Athiopien ist nicht die Wiege derselben. Die Geschichte —
und besonders diejenige Englands — zeigt, daß Europa den
Sklavenhandel entwickelt und allgemein eingeführt hat. Mit
dem Zunehmen des Handels trat sein häßlicher Charakter
deutlich hervor, der darin bestand, daß ein Teil der Mensch-
heit durch einen anderen erniedrigt wurde. Infolgedessen
schafften die europäischen Nationen die Sklaverei ab. Aus
denselben Gründen verbot unser großer Herrscher Menelik
die Institution innerhalb seines Landes und bemühte sich,
sie völlig auszurotten. Aber obwohl es im allgemeinen leicht
ist, gut und böse zu unterscheiden, ist es doch oft sehr schwer,
auch das Böse zugunsten des Guten zu unterdrücken.
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