Full text: Durch Abessinien und Erythräa

worden. Als Lidj Hailemere und ich während eines Auf— 
enthaltes zum Wassereinnehmen ins Freie gegangen waren, 
um uns etwas Bewegung zu schaffen, bemerkte ich einen 
Knaben in Khaki⸗-Uniform mit einer militärischen Mütze, der 
im Begriff war, auf die Lokomotive zu klettern. „Das ist 
Prinz Makonnen“, sagte Lidj Hailemere und nahm Gelegen— 
heit, mich vorzustellen. Der Knabe antwortete in englischer 
Sprache. Er war ein hübscher Junge mit reizenden 
Manieren, der mehr den Eindruck eines Südeuropäers als 
eines Abessiniers machte. 
Die alte Lokomotive unseres Zuges war Schweizer Her— 
kunft. Sie erinnerte an die Mitwirkung der Schweiz bei 
dem Bemühen Meneliks, sein Land zu modernisieren. Die 
Tätigkeit Alfred Ilgs, der aus der Schweiz berufen war, er⸗ 
streckte sich allerdings nur gelegentlich auf den Bahn- und 
Brückenbau. Er war Minister bei Menelik, Ratgeber in 
allen Angelegenheiten, und seine Biographie des Kaisers 
gibt Europäern die beste Aufklärung, die sie über diese starke 
Persönlichkeit bekommen können. 
Plötzlich gab es einen Halt auf freier Strecke, und ich ver⸗ 
nahm Schüsse. Irgend jemand hatte mir kürzlich erzählt, 
daß das dichte Schließen der Wagenfenster begründet sei in 
der diebischen Neigung der Eingeborenen, die, sobald sie 
Gelegenheit dazu hatten, auf die Wagen kletterten, um die 
ledernen Zugriemen an den Fenstern zu stehlen, ebenso wie 
sie die kupfernen Telegraphendrähte abschneiden und weg⸗ 
schleppen. Als die Schüsse fielen, dachte ich natürlich, daß 
Räuber abgefaßt und sofortiger Bestrafung entgegengeführt 
wären. Aus dem Wagen heraustretend, sah ich, daß man 
auf Tiere schoß und nicht auf Menschen. Dieses Entgegen— 
kommen Sportsleuten gegenüber ist indessen nicht gerade ein 
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