21
97
unseres Staatslebens bildet. Wenn nun von den Opfern gesprochen
wird, die die Landwirtschaft bringen soll, so ist zunächst die
Frage aufzuwerfen, wie es denn eigentich diesem Erwerbs -
stände geht? Wenn man sich hierbei an die amtlichen Ma
terialien hält, so liegt die Sache so, daß nach der preußischen
Einkommensteuerstatistik die Verzinsung der in Handel und In
dustrie angelegten Kapitalien, soweit es sich dabei um Einkommen
von über 8000 M. handelt, im Durchschnitt — sage und schreibe
— über 13 pCt. beträgt, während sich andererseits die in der
Landwirtschaft angelegten Kapitalien mit etwa 4 oder wenig über
4 pCt. verzinsen. Meine Herren, selbst dann, wenn zugegeben
würde, was der Herr Vortragende behauptet, daß durch schärfere
Veranlagung aus der Landwirtschaft noch mehr herausgeholt
werden könnte, so bliebe doch noch ein so kolossaler Unterschied
zwischen dem Gewinn, der aus dem gewerblichen und industriellen
Kapital und demjenigen, welcher aus dem in der Landwirtschaft
angelegten Kapital gezogen wird, daß damit die Frage, welche
Opfer die Landwirtschaft zu bringen bereit sei, sich eigentlich
von selbst erledigt. Denn einem Erwerbsstande gegenüber, der
im großen und ganzen — das hat sich nicht allein aus den Steuer
statistiken, sondern aus einer ganzen Reihe von Erhebungen ge
zeigt — so wenig leistungsfähig, wie die Landwirtschaft ist, kann
man meines Erachtens im Zusammenhänge mit der Reiehsfinanz-
reform nicht gut die Frage aufwerfen: welche besonderen Opfer
dieser Erwerbsstand denn zu tragen bereit ist. — Es ist ganz
selbstverständlich, daß die Landwirtschaft ihrerseits auch Opfer
bringt; aber sie müssen auch in einem angemessenen Verhältnis
stehen, und ob die in den neuen Steuervorlagen von der Land
wirtschaft geforderten Mittel zu denen von anderen Erwerbs
gruppen geforderten in einem richtigen Verhältnis stehen, das ist
doch noch sehr die Frage. Ich habe in den großen Finanzdenk
schriften des Reichsschatzamtes, die ja ein sehr umfassendes Ma
terial enthalten, gerade derartiges vergleichendes Material über
die Belastung der Landwirtschaft vermißt. Es gibt eine ganze
Reihe von Arbeiten, die uns darüber Aufschluß geben, und die
beweisen, daß die Landwirtschaft z. B. in Bezug auf Kreis- und
Kommunalabgaben schon stark überlastet ist, und ein Vergleich
der Belastung der städtischen Bevölkerung durch die Kommunal
steuerzuschläge mit der des platten Landes fällt jedenfalls sehr
zu ungunsten des letzteren aus. Ich glaube daher, daß sich auch
aus diesem Grunde die Frage, wer bei Regelung der Reichs
finanzen in erster Linie Opfer zu bringen hat, nicht schwer be
antworten läßt.
Nun möchte ich mit einigen Worten besonders auf eine
Steuer eingehen, die die Landwirtschaft in hohem Maße berührt,
nämlich die Nachlaßsteuer. Der Herr Vortragende hat es unter
anderem als einen Vorzug derselben für die Landwirtschaft hin
gestellt, daß sie erstens nach dem Ertragswert veranlagt und
ferner Ratenzahlung zugelassen werden soll.
Meine Herren, was die Veranlagung nach dem Ertrags wert