Nationalversammlung und
Ä.- und S.-Räte.
Der Reifegrad der deutschen Revolution hat .sich in den
Wahlen zur Nationalversammlung schart abgezeichnet, ln
der Revolution, die allein den Sozialismus und damit die Ver
nichtung der Bourgeoisie als Klasse zum Ziele haben kann,
erhält das Bürgertum aus allgemeinen Wahlen die Mehrheit
im Parlament. Da die Arbeiter die stärkste Klasse des deut
schen Volkes bilden, zeigt sich, daß ihr übergroßer Teil von
der revolutionären Welle überhaupt noch nicht erfaßt ist.
Das Klassenbewußtsein der deutschen Arbeiter ist betrübend
schwach entwickelt, ln der Nationalversammlung ist die alte
Sozialdemokratie die stärkste Partei, obwohl sie seit mehr als
vier Jahren mit schwerer Konsequenz die Arbeiterklasse und den
Sozialismus verraten hatte und unmittelbar vor den Wahlen
gezwungen war, die sozialistische Maske von der kontrerevo-
tutionüreu Fratze zu reißen. Die sozialdemokratische Arbei
terschaft hat sich also noch längst nicht zur Klarheit über
das Wesen der Parteien durchgerungen.
Die Gegenrevolution indessen ist sich ihrer Aufgaben
wohl bewußt und zeigt eine rücksichtslose Entschlossenheit in
ihren Handlungen. Frei von jeder Scham mobilisiert sie die
ganze Reaktion zusammen mit Abenteurern, Lumpengesindel
und irregeleiteten Proletariern im Waffenrock gegen die revo-
' lutionäre Arbeiterschaft. Sie scheut vor keinem noch so ver
brecherischen Kampfmittel zurück und läßt ihre Gallifets
Metzeleien und Meuchelmorde veranstalten, wie sie bisher in
der Geschichte nur an vollkommen niedergeschlagenen Revo
lutionen gewagt wurden.
Und dennoch ist die Gegenrevolution innerlich morsch.
Sie muß nach Weimar eilen, um ihren Erstling zur Welt zu
bringen. Den Geheimrat von Goethe und den zermürbten
Schiller wählt die Nationalversammlung zu ihren Schutzheili
gen. Sie flieht von der Metropole des brandenden Kampfes
in ein stilles Phäakennest und führt damit gegen sich selbst
de» mörderischen Streich, den im tollen Jahre der Brande«-