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verteilende Vermögensabgabe nicht herumkommen. Ich sehe wenig
stens nicht, wie wir sonst ohne Bankrott die riesige schwebende Schuld des
Reiches loswerden wollen. Denn freiwillig sein Geld in neuen fundierten
Reichsanleihen zu diesem Zweck anzulegen, dazu wird wohl bei den heutigen
Zuständen im Reiche, über die so, wie während des Krieges über unsere
militärische und wirtschaftliche Lage, dem Volke blauen Dunst vorzumachen,
weder möglich noch die heutige Reichsregierung gewillt ist, unter den
größeren wie kleineren Kapitalisten wenig Neigung vorhanden sein; weit her
war es ja damit auch schon bei den letzten Kriegsanleihen nicht, deren Erfolg
ohne die mehr wie intensive Werbetätigkeit gewiß auch schon kein glänzender
gewesen wäre. Eine Zwangsanleihe statt der Vermögensabgabe
würde, da ihre Rückzahlung doch erst nach langer Zeit und sehr allmählich
möglich wäre, annähernd dieselben nachteiligen Wirkungen auslösen und,
wenn sie leidlich gerecht verteilt werden sollte, auch annähernd dieselben
steuerrechtlichen und steuertechnischen Bedenken gegen sich haben, für den
Reichssäckel wegen der späteren Rückzahlungspflicht aber nicht dieselben Vor
teile bieten. Jedenfalls ist die Vermögensabgabe immer noch gerechter wie
eine Arbeits- und Besitzeinkommen über einen Kamm scherende Überspan
nung der Einkommensteuer.
Unglücklicherweise ist auch der Zeitpunkt für die Vermögensabgabe so
ungeeignet wie möglich. Heute sind die Verhältnisse noch viel zu unsicher und
werden es auch noch geraume Zeit sein, als daß sich auf ihnen eine Schätzung
aller Vermögen aufbauen ließe. Alle Bewertungen würden geradezu in der
Luft schweben. Eine einmalige Steuer, noch dazu in Höhe eines sehr beträcht
lichen Teiles des Vermögens — um die 40 Milliarden, welche Summe
unlängst genannt wurde, würde es wohl einer durchschnittlichen Belastung
von 20 v. H. aller Vermögen bedürfen —, bedarf einer ganz besonders sorg
fältigen Ausgestaltung und Ausführung; denn Mißgriffe wirken hier ungleich
intensiver wie bei anderen Steuern und sind größtenteils irreparabel.
Daß der Abgabe auch juristische Personen unterworfen werden sollen, ist
zu billigen. Doch wird das eingezahlte Eesellschaftskapital nach seinem Nenn
wert als Passivum der Erwerbsgesellschaft zu behandeln sein. Den Maßstab
der Besteuerung wird überall, auch beim Grundbesitz, der gemeine Wert zu
bilden haben, der aber bei börsengängigen Wertpapieren nicht etwa — ähnlich
wie bei der Neichssteuer durch einen vom Bundesrat — durch einen von der
Reichsfinanzverwaltung festgesetzten Kurs bestimmt werden darf; denn hierin
läge ein zu gröblicher Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit jeder
Steuer, und die Reichsfinanzverwaltung würde gewissermaßen zum Richter in
eigener Sache gemacht. Geschähe es, so wäre es höchstens dann zu ent
schuldigen, wenn das Reich sich verpflichtete, alle Papiere zu dem Steuerkurse
zu erwerben. Einen Beweis, zu welch ungeheuerlichen Ungerechtigkeiten man
mit solchen Steuerkursen heutzutage kommen würde, liefern die für die Ver
mögensaufstellung am 31. Mai vorgeschriebenen, in denen z. B. die Kriegs
anleihen noch mit 90K Prozent figurieren.
Die Abgabe darf gerechterweise nicht proportional gestaltet, sondern muß
durchgestaffelt werden, wobei ich bei den ganz großen Einzelvermögen sehr
hoch zu gehen geneigt sein würde, höher wie bei gleich großen Gesell
schaftsvermögen. Denn die Riesenvermögen Einzelner sind kein volkswirt
schaftliches Bedürfnis, wenn eine Verstaatlichung gewisser Großbetriebe
erfolgt und im übrigen Gesellschaften, an denen sich das kleine und mittlere