Full text: Zukunftsmöglichkeiten deutscher Steuer- u. Finanzpolitik

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Gedanke an Ein- und Ausfuhrmonopole würde endlich auch eine etwaige 
Verstaatlichung der großen Seeschiffahrtsunternehmungen 
durch das Reich nahelegen, wie eine solche anderseits Anlaß geben würde, der 
gleichen Maßnahme gegenüber den großen Werften näherzutreten. 
Sehr begrenzt ist die Zahl der für inländische Zwischenhandels 
monopole in Frage kommenden Waren, soweit es sich eben nicht um 
importierte handelt. Am nächsten liegt hier neben dem Branntwein, 
für den wir das Monopol ja schon haben, der Tabak, namentlich wenn 
dessen Einfuhr monopolisiert wird. Wer heutzutage sieht, wie unzertrennlich 
von ihrer Zigarre und namentlich Zigarette, trotz der ungeheuren Preise, 
Männlein und Weiblein jedes Standes, namentlich aber die Jugend und die 
als „minderbemittelt" angesehenen Klassen von früh bis spät sind, muß sich 
sagen, daß wir noch nicht zur größtmöglichen Ausnutzung des Tabaks für die 
Reichsfinanzen gelangt find. In Frage kommen kann ferner für ein Zwi 
schenhandelsmonopol der Z u ck e r. Dagegen bin ich gegen ein Getreide- 
handelsmonopol, das mit Brottaxen verbunden sein müßte, viel 
skeptischer als früher geworden. In einem Staatswesen, in dem der Arbeiter 
stand herrscht und auch den Frauen das allgemeine gleiche Wahlrecht ein 
geräumt ist, läßt sich eine finanzielle Ergiebigkeit von Monopolen auf not 
wendige Lebensmittel nicht aufrechterhalten, mag auch die wirtschaftliche Lage 
des Arbeiterstandes noch so günstig sein. Herabdrückung der Verkaufspreise für 
Brot und Mehl aber würden zu einer solchen der Einkaufspreise für das 
Getreide, diese zur Einschränkung des Brotgetreideanbaues und der 
Getreideablieferungen der Landwirte führen. Das könnte einem sozialistischen 
Staate Anlaß geben, es mit dem Anbauzwang zu versuchen und damit durch 
Untergrabung der Berufsfreudigkeit der Landwirte die Erzeugung erst recht 
zu vermindern, da man nicht auf jeden Bauernhof einen landwirtschafts 
kundigen staatlichen Kontrolleur des ganzen Betriebes setzen kann. Wenn 
irgendein Zweig der Volkswirtschaft zu weit getriebene staatliche Bevor 
mundung nicht erträgt, dann ist es die Landwirtschaft, und hier ganz besonders 
der Mittel- und Kleinbetrieb, den.ja der sozialistische Staat auf Kosten des 
eher zu kontrollierenden Großbetriebs noch ausdehnen will und bis zu einem 
gewissen Grade auszudehnen auch volle Berechtigung hat. Landwirtschaftliche 
Siedelungspolitik treiben und einen Produktionszwang oder ähnliche Bevor 
mundungen der Landwirtschaft einführen, hieße, ein Pferd vor und zwei 
hinter den Wagen spannen. 
Bei den Widerständen, die sich in einem sozialistischen Staate gegen eine 
finanzielle Ausnutzung von Monopolen geltend machen, wird in vielen Fällen 
sich statt des Monopols die Form der sog. g e m i s ch t e n U n t e r n e h m u n g 
empfehlen. Denn hier kann das Erwerbsinteresse des beteiligten privaten 
Unternehmertums, dessen genügenden Einfluß vorausgesetzt, Reich oder Staat 
vor sich selber schützen, d. h. vor einer zwar sehr sozialistischen aber unren- 
tabeln und, da auch der sozialistische Staat Geld, nach den bisherigen Erfah 
rungen sogar mehr Geld wie der alte Staat braucht, für ihn runiösen Wirt 
schaft. Reben diesem Gesichtspunkt hat die gemischte Unternehmung den 
Vorteil, die Erfahrungen des privaten Unternehmertums für Reich oder 
Staat finanziell nutzbar zu machen. Bei ihr läßt sich noch am ehesten eine 
Form für eine Mitbeteiligung der Arbeiter finden und sie gestattet statt 
Monopolisierung die Auswahl einzelner Unternehmungen. Endlich bietet 
sie die Möglichkeit einer gemeinsamen Beteiligung von Reich, Staat und
	        
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