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Gemeinde und damit für einen Ausgleich der Interessen aller Arten der
öffentlichen Gemeinwesen.
Weder reine Monopole noch gemischte Unternehmungen können jedoch
eigentliche Verbrauchssteuern entbehrlich machen. Sollen diese aber Aussicht
haben, im sozialen Staate gutgeheißen zu werden, dann müssen sie so ein
gerichtet werden, daß sie die wohlhabenden Klassen tunlichst mehr, jedenfalls
in Verbindung mit den direkten Steuern erheblich mehr als die minder
bemittelten belasten. Sie dürfen ferner nicht willkürlich einzelne Ver- oder
Gebrauche herausgreifen, andere freilassen und müssen auch bei den Gegen
ständen des Massenverbrauchs tunlichst die Qualitäten berücksichtigen und
Gegenstände des entbehrlichen Massenverbrauchs stärker als solche des unent
behrlichen treffen. Von diesen Gesichtspunkten sind insbesondere die E e -
tränke st euern und Tabak st euern berechtigt; aber sie sind daraufhin
zu prüfen, ob sie nicht Verfeinerungen durch Anpassen der Sätze nach den
Qualitäten zulassen. Das wird insbesondere bei der W e i n st e u e r möglich
sein, wenn wir erst wieder einmal leidlich normale Weinpreise haben; bei
den jetzigen kann man mit der Steuer nicht erheblich über 20 v. H. hinaus
gehen. Dagegen ist die Staffelung der Bier st euer nach der Höhe der
Jahreserzeugung der Brauerei vom Standpunkte einer auf den Verbraucher
abzuwälzenden Steuer widersinnig, wenn man nicht eben annimmt, daß dem
kleineren Brauer die Überwälzung weniger als dem größeren gelingt.
Die Forderung, daß nicht einzelne Ver- und Gebrauche besteuert werden,
andere nicht, zu verwirklichen, darin sehe ich eine Aufgabe der U m sah
st e u e r. Doch werden die in der in sie eingearbeiteten Luxussteuer schon
enthaltenen Keime einer Abstufung nach der Entbehrlichkeit der einzelnen
Arten des Ver- oder Gebrauchs weiter entwickelt werden müssen. Allerdings
wird dies wegen der steuertechnischen Schwierigkeiten der Kontrollen und
um unerträgliche Belästigungen des Verkehrs zu vermeiden, nicht etwa durch
eine vollständige Skala mit zahlreichen verschiedenen Sätzen zu bewerkstelligen
sein, sondern man muß einen Normalsatz wählen und nur für einzelne große
Warengruppen ganz wenige, vielleicht nur je zwei niedrigere und höhere
Sätze vorsehen, die niedrigsten für notwendige Lebensmittel, den zweit
niedrigsten für andere Gegenstände des notwendigen einfachen Lebens
bedarfs. Erwägenswert wäre der Gedanke, die heutige jeden der mehr
oder minder zahlreichen Umsätze bis zum Verbraucher belastende Steuer durch
eine einmalige beim Hersteller oder Erzeuger nach Art der in den Vereinigten
Staaten nach dem Sezessionskrieg erhobenen Produktionssteuer zu ersetzen.
Was bis jetzt von dem Reichsfinanzminister und der Reichsregierung
über ihre Steuerpläne verlautbart ist oder sich schon zu Gesetzen oder Eesetzes-
vorlagen verdichtet hat. scheint mit dem vorstehend als möglich und erträglich
entworfenen Bilde nicht unvereinbar zu sein. Bedenklich war mir nur eine
offiziöse Hervorhebung, daß die einzelnen angekündigten neuen Steuern über
wiegend direkte seien. Es wäre verhängnisvoll für unsere Volkswirtschaft,
wenn die Reichsregicrung nicht gewillt oder nicht stark genug sein sollte, auch
den indirekten zu ihrem Rechte zu verhelfen, oder wenn sie gar nicht den
Willen und die Kraft hätte, zu verhüten, daß etwa in einzelnen Bundes
staaten übersozialistische Regierungen eine die volkswirtschaftlichen und finan
ziellen Interessen des Reiches schädigende und besitzfeindliche Steuerpolitik
treiben. Gehen hier Reich und Länder nicht unbedingt Hand in Hand, dann
ist eine allmähliche Gesundung unserer Finanzen unmöglich und der Reichs-