9 i) Lehmann II 169. verhältnismäßig hohe Zinsen gefordert würden. War es denn auch inr ausgesogenen und mit Kontributionen überlasteten Preußen möglich, das Privatkapital, das schon in der vergangenen Friedenszeit stark in Anspruch genommen worden war, im erforderlichen Maß heranzuziehen? Oder war es zu erwarten, daß man anderwärts Lust verspürte, sein Geld nach Preußen auszuleihen? Es ist bte§ nicht das einzige Mal, daß Schön durch Beseitigung veralteter Zustände die Bahn freimachen will für neue Kräfte, ohne sich darum zu sorgen, ob diese Kräfte wirklich vorhanden sind. Setzen wir aber, um gerecht zu sein, gleich hinzu, daß wie er auch andere, so sein Lehrer Krans und selbst der König, die zur Verfügung stehenden Kapitalien über schätzten^). Schön hat wohl im Sinne seiner staatswirtschaftlichen Lehre gewünscht und erwartet, daß das städtische Kapital der Landwirtschaft mehr als bisher zugute kommen werde. Die Lage der Städte beurteilte er opti mistisch : „Aller Ruin bezieht sich in Preußen auf den Landmann; die beiden anderen Gewerbe leiden nur indirekt durch den ersten." In Wahrheit wies aber gar manche der kleineren Städte arge Zerstörungen auf, und die größeren litten unter einer erdrückenden Schuldenlast, die für die Bezahlung von Kontributionen und Lieferungen hatte aufgenommen werden müssen. Die Unterbrechung der gewohnten Handelswege ließ nicht erhoffen, daß sie sich bald erholen könnten. Wohl sollte auch in den Städten wie auf dem Lande die Befreiung von veralteten Wirtschaftsformen die Arbeitsenergien und -ertrüge steigern. Der Provinzialminister von Schrötter hatte unter den Mitteln des Retablissements auch die Aufhebung der Zünfte und die Durchführung der Gewerbefreiheit aufgeführt. Auf Schöns Antrag wurde diese Materie aus dem Oktoberedikt ausgeschieden und besonderer Ver ordnung überlassen, die dann freilich sich verzögerte. Zwar wurde schon 1808 für Ost- und Westpreußen in einigen Gewerben der Zunftzwang auf gehoben, durchweg ist er aber erst in den Jahren 1810/11 unter Hardenberg gefallen. Die Reformgesetze riefen in Stadt und Land eine Fülle neuer Kräfte wach, die die besten Werkmeister fein konnten für den Wiederaufbau der Provinz. Doch boten sie keinen unmittelbaren Ersatz für die großen Ein bußen an Betriebsmitteln, die der Krieg gebracht hatte. Sie hatten auch ihre Wirkung noch nicht erproben können, als das unglückliche Land von neuen Kriegs wirren betroffen wurde. Der Durchmarsch der französischen Armee im Jahre 1812 und die Befreiungskämpfe von 1813 mit den großen Opfern, die gerade auch Ostpreußen zu bringen hatte, schlugen dem Wirt schaftsleben aufs neue schwere Wunden. Der Verlust au dem Viehbestände