Fünftes!Kapitel. Der Kapitalzins. Vorbemerkung. Nach reiflicher Erwägung trage ich die Zins- theorie, die ich in der ersten Auflage dieses Buches zum erstenmal veröffentlichte, von ganz unwesentlichen stilistischen Kürzungen ab- gesehen, unverändert zum zweitenmal vor. Auf alle Einwendungen, die zu meiner Kenntnis gelangten, habe ich nur mit dem Hinweis auf den ursprünglichen Text zu antworten. Sie haben mich lediglich veranlaßt ihn nicht noch mehr zu kürzen. Gern hätte ich das songt getan. Aber da gerade die Dinge, die mir selbst als weitschweifig und übergründlich erscheinen und die Einfachheit und Schlagkraft des Gedankengangs beeinträchtigen, die wichtigsten Einwendungen richtig antizipierten, so haben sie dadurch ein Lebensrecht erhalten, das sie ursprünglich vielleicht nicht hatten. Insbesondre hat die Darstellung von damals es schon so deutlich gemacht, daß ich den Zins als normales Element der modernen Wirt- schaft nicht leugne — was ja doch absurd wäre — sondern er- kläre, daß ich die Behauptung, ich hätte das erstre getan, kaum verstehen kann: Der Zins ist ein Agio gegenwärtiger Kaufkraft über künftige. Dieses Agio hat viele Gründe. Manche davon bieten weiter kein Problem. Das sind die Fälle des Konsumtivzinses. Daß jemand in plötzlicher Notlage — wenn z. B. ein Brand seinen Betrieb zer- stört hat — oder in Erwartung künftigen Einkommenszuwachses — wenn ein Student erfährt, daß seine Tante gefährlich krank ist und ihn zum Erben eingesetzt hat — hundert gegenwärtige Mark höher schätzt als hundert künftige, bedarf keiner Erklärung und erklärt selbst, daß in solchen Fällen Zins auftreten kann. Dazu gehören alle Kategorien staatlichen Kreditbedarfs. Solche Fälle von Zins hat es immer gegeben, würde es natürlich auch im bloßen entwicklungs- losen Kreislauf geben können. Aber sie sind nicht das große soziale