ERSTER TEIL: GEOGRAPHISCHE GÜTERLEHRE KARTOFFELERZEUGUNG Nächst den Getreidearten ist die mehlhaltige Kartoffel als Nähr- frucht der gemäßigten Zone von besonderer Bedeutung. Deshalb sei ihrer im Anschluß an die Behandlung der Kornkammern kurz Er- wähnung getan. Sie stammt aus Chile und kam schon Ende des L6. Jahrhunderts nach Europa, fand aber in diesem Erdteil erst nach der Hungersnot des Jahres 1770 allgemeine Verbreitung und wurde für manche europäischen Gegenden das „Brot der Armen“. Heute werden etwa neun Zehntel der Welternte hier erzeugt. Die Kartoffel ist sehr anpassungsfähig, bevorzugt aber sonnige Sommer. Ein tiefer, aber leichter Boden sagt ihr am besten zu, daher erklärt sich ihre große Verbreitung in den sandigen Glazialgebieten Deutschlands und Rußlands, wo sie nicht nur ein wichtiges Nahrungsmittel, sondern auch ein wertvolles Viehfutter und einen Rohstoff für die Spiritusbereitung darstellt. Ernte 1926 in Mill. dz Rußland Yehlarerträge 1926 in dz w— — | Deybsches Palen Tankreich ar Sales 1 1 hechost Da SOMILOZ 75002 18. Kartoffelernte und Hektarerträge wichtiger Erzeuger 1926. GroBßBrit. Die Verteilung der an sich stark schwankenden Welternte im Jahre 1926 (170 Mill. t) auf die wichtigsten Produktionsländer zeigt die obenstehende Übersicht. Von außereuropäischen Staaten erzeugt aur die Union erhebliche Mengen. Die geernteten Kartoffelmengen werden fast restlos in den Er- zeugungsländern verbraucht. In Deutschland dient in normalen Zeiten der größte Teil, ein reichliches Drittel, als Viehfutter, ein knappes Drittel unmittelbar der menschlichen Ernährung und ein geringer Prozentsatz zur Herstellung von Spiritus und Trockenware. Der Rest verteilt sich auf Saatgut und auf Verlust durch Verderben in der Erde, beim Transport oder bei der Lagerung. Im Welthandel spielt die Kartoffel infolge ihrer geringen Transportfähig- keit so gut wie keine Rolle. Als Ausfuhrgut für weitere Entfernungen kommen anter Verwendung von Güterschnellzügen nur die sogenannten Frühkartoffeln in Betracht, die Deutschland namentlich aus Italien und den Niederlanden, aber auch aus Algerien, Gibraltar, Malta, Cypern und den Kanarischen Inseln einführt. Dabei ist bemerkenswert, daß als Saatgut für den mittelmeerischen Anbau wegen ihres größeren Ertrages gern Früchte aus den nördlichen Kar- ;offelernten verwendet werden, ein Austausch, der sich an der Ostküste der Vereinigten Staaten in ähnlicher Weise wiederholt.