J. DER LANDVERKEHR 173 Während in Nordasien die großen Stromsysteme einen gewissen Ersatz für die fehlende Eisenbahn bieten, schickt sich die Neuzeit an, Inner- und Vorder- asiens Verkehrslücken durch mehr oder weniger regelmäßigen Automobilverkehr und durch Fluglinien zu überbrücken, um so die Länder an ihren Rändern in bessere Verbindung miteinander zu bringen, Afrika. Im Verhältnis zu seiner riesigen Größe hat Afrika von allen Erdteilen die geringste Entwicklung des KEisenbahnbaus auf- zuweisen, der erst in der neuesten Zeit schnellere Fortschritte macht. Das erklärt sich zum großen Teil aus seinen natürlichen Verhältnissen. Das ganze Innere ist von mächtigen Hochländern erfüllt, die die von der Küste her eindringenden Verkehrslinien schon in kurzer Entfernung zu schwierigen Anstiegen zwingen. Weite Gebiete im Norden und Süden des Erdteils werden von den an Menschen und Erzeugnissen armen Wüsten- und Steppenländern eingenommen. Die Urwaldgebiete der Mitte aber stellen dem Bahnbau nicht nur durch die Überfülle ihres Pflanzen- wuchses, sondern mehr noch durch die von zahllosen Wasserläufen verursachte unglaubliche Zertalung des Geländes die schwersten Hinder- nisse entgegen. Zu alledem kommt der niedrige Kulturstand der singeborenen Bevölkerung. Und doch ist bei der plumpen Gestalt and dem Mangel an gut schiffbaren Strömen die wirtschaftliche Er- schließung Afrikas in hohem Grade von dem Bau der Eisenbahnen abhängig. Daher sind auch in den ältesten europäischen Kolonial- gebieten des Erdteils die Bahnverhältnisse am günstigsten. Im allgemeinen lassen sich die afrikanischen Bahnunternehmungen ihrem Entwicklungsgrad und ihren Aufgaben nach in drei Gruppen teilen: in Bahnnetze, Stichbahnen und „Flußbahnen“. Bahn- netze haben das französische Nordafrika: Algerien — Tunesien, ferner Ägypten, der englische Sudan und vor allem Südafrika, Allerdings sind diese vier Systeme von sehr verschiedener Größe und Dichte. Das weitaus am besten entwickelte ist das englisch-südafrikanische, das mit rund 19000 km (1925) fast ein Drittel der gesamten afrika- nischen Bahnen ausmacht und sich von der Südspitze Afrikas her bis nach Bukama &m: oberen Kongo in die erzreiche Landschaft Katanga vorgeschoben hat. Durch die während des Feldzugs von den Briten erbaute Strecke Seeheim — Prieska wurde es auch mit den Linien ehemalig Deutsch-Südwestafrikas verbunden. — Von den zahlreichen Stichbahnen, die namentlich im tropischen Afrika von der Ost- und Westküste her zur Erschließung wirtschaftlich wichtiger Innenbezirke gebaut wurden, seien nur die Stichbahnen der Ober-Cuineaküste und die Benguellabahn im Westen, die englische Ugandabahn und die ehemals Deutsch-Ostafrikanische Zentralbahn mit neuerbauter Abzweigung nach Muansa am Viktoriasee im Osten genannt. — Die beiden letzteren, die das innerafrikanische Seengebiet mit der Küste ver- binden, bilden schon eine Übergangsform zu der dritten Art, den „Fluß- bahnen‘. Diese verbinden durch Umgehung von Stromschnellen ent- weder die schiffbaren Flußteile untereinander, wie die inneren Kongo- bahnen, oder sie verknüpfen diese Stromabschnitte unmittelbar mit der Küste, wie die Kongo-Mündungsbahn, die Bahnen vom englischen Lagos zum unteren und vom französischen Dakar zum oberen Niger