[L. DER WASSERVERKEHR 197 Von den kleineren Ländern besitzen die Niederlande und Nor- wegen verhältnismäßig große Handelsflotten. Darin kommt der aus- geprägte ozeanische Charakter beider Länder zum Ausdruck. Auch übernehmen die Schiffe beider Flotten vielfach den UÜberseeverkehr anderer Länder, besonders gilt das von der Frachtschiffahrt der Nor- weger, die man deshalb nicht mit Unrecht die „Fuhrleute des Welt- meers“ genannt hat. Die Welthandelsflotte ist gegenüber dem Vorkriegsstand um bei- nahe die Hälfte an Tonnengehalt gewachsen, der Weltseeverkehr aber hat erst in dem letzten Jahre seine alte Höhe wieder erreicht, Daraus erklärt sich die schwere Krisis, in die der Weltfrachtenmarkt in den Nachkriegsjahren geriet und die auch heute noch nicht ganz überwunden ist. {m Jahre 1922 waren etwa 12 Mill. B.-R.-T. „aufgelegt“, d.h. außer Fahrt gesetzt und in Gefahr, in den Häfen zu verrosten und zu verfaulen. Die Schiffe mußten abgewrackt oder gar verbrannt werden, da oft nicht einmal das Abwracken sich lohnte. Außerdem war ein mindestens ebenso großer Schiffsraum der in Dienst befindlichen Handelsflotte ohne Beschäftigung. Heute hat sich die Lage etwas gebessert, aber die Abwrackung geht weiter, noch warten rund 4 Mill. R.-T. der Vernichtung, drei Viertel davon in den amerikanischen Häfen, Schiffahrtsgesellschaften. Die Unterhaltung des Verkehrs zur See liegt im Gegensatz zur Eisenbahn, die in vielen Ländern vom Staate betrieben oder wenigstens beaufsichtigt wird, in der Hand großer Aktien-Unternehmungen. Sie betreiben den Seeverkehr mit ihren Flotten entweder auf bestimmten Routen nach regelmäßigen, genau bestimmten und pünktlich eingehaltenen Fahrplänen als „Linien- schiffahrt“, oder sie lassen sie nach Maßgabe bestimmter Frachten- aufträge in Trampschiffahrt beliebige Reisen unternehmen. Im Gesamtverkehr kommt die weitaus größere Bedeutung der Linien- schiffahrt zu, die bei der Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit ihrer Fahrten den gesamten Personen- und Stückgutverkehr und einen großen Teil des eigentlichen Frachtenverkehrs zur See erledigt. Im Jahre 1924 liefen 72% der Weltschiffahrtstonnage im Linienverkehr und nur 28% in Trampschiffahrt. Die Zahl der Schiffahrtsgesellschaften oder Reedereien war vor dem Kriege viel größer als heute. In den letzten Jahren setzte auch im Schiffahrtswesen ein Zusammenschluß der Reedereien, eine Konzern- bildung großen Maßstabes ein, teils um der Schwierigkeiten im See- verkehr während der kritischen Nachkriegszeit Herr zu werden, teils wohl in Angleichung an die im gesamten Wirtschaftsleben zu beobach- tende Erscheinung. Dabei übernahmen naturgemäß die großen Gesell- schaften die Führung. So vereinigten sich von‘ den deutschen Seeschiffahrtsgesellschaften unter der Führung der Hamburg-Amerika-Linie (Hapag) die Deutsche Levante- linie, die Aktiengesellschaft Hugo Stinnes für Seeschiffahrt und Überseehandel, die Deutsch-Australische Dampfschiffahrtsgesellschaft und die Deutsche Dampf- schiffahrtsgesellschaft Kosmos zu einem Konzern mit einem Tonnenbestand von mehr als 2,> Mill. B.-R.-T. Mit dem Norddeutschen Lloyd und unter dessen Führung schlossen sich die Roland-Linie A. G., die Hamburg-Bremer Afrikalinie und die Dampfechiffahrtsgesellschaften „„Argo“ und „Hom“ zu einer