Il. DIE ÄUSSEREN MERKMALE DES STAATES 249 fähige Landflächen und die schnell zunehmende Dichte der weißen Bevölkerung bei entschiedener Zurückdrängung der farbigen Eingeborenen deuten auf. eine machtpolitische Entwicklung hin, für deren Verlauf der Abschluß jener Staaten gegen die nordhemisphärischen Großmächte durch das politisch unentwickelte (s. u.), gleichsam als politische Sperrzone wirkende Tropengebiet fördernd ist. Nur für Kanada, das sich im übrigen der gleichen günstigen Voraussetzungen erfreut, fällt diese Sperrzone weg; es ist einer Beeinflussung durch die Union unmittelbar ausgesetzt, die für England nicht ungefährlich ist und der es namentlich durch seine kanadische Siedlungspolitik entgegenzuwirken sucht. Ob die Entwicklung der südhemisphärischen Staaten tatsächlich zur Großmachtstellung führen wird, hängt freilich davon ab, ob diese den Widerstand der gegenwärtigen Großmächte überwinden werden, die bei den ihnen innewohnenden imperialistischen Tendenzen den Selbständigkeits- und Großmachtbestrebungen ihrer jetzigen Außen- länder und wirtschaftlichen Interessengebiete mit allen Mitteln ent- gegenarbeiten. Aber die volle Kraftentfaltung bei dieser Arbeit wird dadurch behindert, daß auch die Großmächte unter sich im Verfolg ihrer wirtschaftlichen und politischen Ziele sich gegenseitig vielfach stören und hindern, daß ihre Pläne und Absichten sich kreuzen. Das ganze Spiel der großen Politik vollzieht sich, einer nie endenden Schachpartie vergleichbar, in Zug und Gegenzug, wobei der Erfolg demjenigen Spieler, d. h. demjenigen leitenden Staatsmann zufällt, der durch Klugheit und Willenskraft die unter den augenblicklich gegebenen Verhältnissen sich ihm bietenden Vorteile am besten auszunützen, die seinen Plänen entgegenstehenden Hindernisse am geschicktesten zu umgehen oder zu beseitigen weiß. DIE LAGE DER STAATEN Lage zu den klimatischen Zonen. In dem Abschnitt über die Bevölkerungsdichte sahen wir, daß die kalten Polarzonen und die ex- trem trockenen Gebiete der subtropischen Zonen nur eine sehr dünne und noch dazu nicht oder nur in geringerem Maße seßhafte Bevölke- rung aufweisen. Da nun die Vorbedingung für einen Staat eine seß- hafte Bevölkerung von einem gewissen Dichtegrad bildet, so haben wir in diesen klimatischen Gürteln nur sehr wenige Staaten und nur solche von geringerer Bedeutung. Die Antarktis ist unbewohnt und damit staatenlos; im arktischen Gebiet finden wir deren nur vier: Island, Norwegen, Schweden und Finnland. Dabei zeigt die Dichte- zunahme ihrer Bevölkerung nach Süden hin und die Lage ihrer Haupt- städte, daß auch das Schwergewicht dieser Staaten am Rande der gemäßigten Zone gelegen ist. Ebenso ist die subtropische Zone, soweit sie extrem trocken ist, der Staatenbildung ungünstig. Wir finden im nördlichen subtropischen Trockengürtel weder in der Sahara Afrikas noch in den Wüstenländern Vorder- und Innerasiens nennens- werte moderne Staatenbildung. Damit soll nicht gesagt sein, daß die Flächen der genannten Gürtel völlig unpolitische Räume seien; sie sind vielmehr als Kolonialgebiete, „Außenländer‘“ oder Grenzräume, sozusagen Anhängsel von Staaten in anderen Klimazonen. Auch die reinen Tropenländer sind im allgemeinen staatenarm. Der Urwald, die Hauptvegetationsform der Tropen, ist kulturfeindlich. Er