38 3. Kapitel. Falsche Kapitalbildung. soll, vieler Kapitalaufwendungen sehr ungewiß. Welche wichtigen Folgen dabei auch die Unklarheit über das Wesen des Kapitals haben kann, habe ich kürzlich an einem praktisch sehr bedeutsamen Beispiel aufgezeigt], dem der Wohnungsbeschaffun g. Die Erstellung von Wohnungen wird allgemein als Kapitalbildung auf- gefaßt. Sie ist aber doch wohl — wenn wir noch einmal auf die herrschende Kapitalauffassung zurückkommen dürfen — Produktion von Gegenwartsgütern und also keine Kapitalbildung, und dasselbe wäre auch vom Standpunkt der „vVolkswirtschaftlichen“ Betrachtungs- weise zu sagen: Die Wohnung ist kein Produktions- mittel, ein Wohnhaus liefert nicht vermehrte Produkte. Es ist bezeichnend für den Zustand der heutigen Wirt- schaftstheorie, daß diesen Widerspruch niemand be- merkt hat. In der oben zitierten Statistik der Reichskreditgesell- schaft A.-G., also einer hohen amtlichen Stelle, von der man meinen sollte, daß in ihr auch einigermaßen öko- nomisch Gebildete sitzen, werden folgende Ziffern für die Verwendung von In- und Auslandskapital im Jahre 1927 gegeben: 3,2 Milliarden Mark für Wohngebäude, 1,1 Milliarden Mark für öffentliche und gewerbliche Ge- bäude, 1,9 Milliarden Mark für Verkehrsmittel, 1 Mil- liarde für Maschinen, 2,2 Milliarden Mark für Elektrizi- tät, Gas, Wasser und Tiefbau, 1,5 Milliarden Mark für Warenvorräte und 1,1 Milliarden Mark für Hausrat, Die Beschaffung von Hausrat als Kapitalverwendung zu bezeichnen, geht sogar über den rein technischen Be- griff „Produktionsmittel‘“ hinaus. Denn danach könnte vielleicht der Kochherd und der Kochlöffel, nicht aber der Eßtisch und der Eßlöffel als Kapital bezeichnet werden. Auch vielleicht noch der Schreibtisch, weil an ihm doch Briefe, unter Umständen wissenschaftliche * In dem Aufsatz „Kapitalbildung und Wohnungsbau“, Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1929, H. 12,