Das Streben. a 107 gemeint ist, ist das Wort „Streben“ überhaupt kein Wirkenswort, da niemals gesagt werden kann, daß jemand „Etwas strebt“, vielmehr nur gesagt werden kann, daß jemand „nach Etwas strebt“, in welcher Rede das „nach Etwas“ das „Ziel“ solchen Strebens, also jene Wirkung, welche der Redende durch sein als gegenwärtig gewußtes eigenes Tun nach seiner Meinung wirken wird, somit besonderen „Sinn“ solchen Strebens bezeichnet, Statt „nach Etwas streben“ wird auch „Etwas anstreben“, „Etwas erstreben“, „bestrebt sein, Etwas zu be- wirken“ gesagt, und in diesen Wortgefügen bringen das „nach“, „an“, „er“ und „be“ stets besonderen Sinn besonderen Seelenaugenblickes zum Ausdrucke, nämlich „als Ziel gewußte künftige Wirkung eigenen gegenwärtigen Tuns“. Das Wort „Strebigkeit“ („Zielstrebigkeit“) be- zeichnet also in genauer Rede Etwas anderes als das Wort „Tätig- keit“, nämlich die Zugehörigkeit besonderen Augenblickes zu besonderer Seele, und zwar eines solchen Augenblickes, in welchem besondere eigene „Tätigkeit“ gewußt ist, nämlich die Zugehörigkeit besonderen Tuns zur eigenen Seele und zum eigenen Leibe. Da aber in jedem „Streben“ ein eigenes „Tun“ gewußt ist, also auch jeder, der „strebt‘“ „bestrebt ist“, auch „tätig“ ist, werden die Worte „Streben“ und „Tun“ meist in gleicher Bedeutung gebraucht, obwohl das Wort „Streben“ eigentlich einen besonderen Seelenaugenblick, hingegen das Wort „Tun“ ein besonderes Wirken als „Gewußtes“, als „Sinn“ solchen Seelenaugen- blickes bezeichnet. Jede „Betätigung“ kann aber auch eine „Strebung“‘, eine „Bestrebung‘““ genannt werden, da das Wort „Strebung“ das be- sondere Gewußte eines Seelenaugenblickes ‚Streben‘ in ähnlicher Weise bezeichnet, wie etwa das Wort ‚Vorstellung‘ das besondere Gewußte eines ‚„Vorstellens‘‘, das Wort „Wahrnehmung‘‘ das besondere Gewußte eines ‚„„‚Wahrnehmens‘‘, das Wort „Wollung‘““ das besondere Gewußte eines „Wollens‘‘. Jedes „Tun‘‘, jede „Betätigung“ ist also auch eine „Bestrebung“‘‘, nämlich „Gewußtes‘‘, „Sinn‘‘ besonderen Strebens, Daß nun aber der Seelenaugenblick „Streben‘“ fast gar nicht be- achtet wird, man vielmehr „Tun“ nur als ein „Wirken‘‘, und zwar als ein „bewußtes Wirken“ betrachtet, ohne zu fragen, in welchem Seelen- augenblicke „Tun“ als eigenes, gegenwärtiges Wirken gewußt ist, hat seinen Grund vor allem darin, daß man „Tun‘“ und „besonderes Tun“ gewöhnlich als „Tun eines Anderen‘ im Auge hat nnd dann „Tun“ im Wege des „Verstehens“ bestimmen will. „Tun eines Anderen‘ kann nun nur dadurch bestimmt werden, daß man besondere wahrgenommene Veränderungen eines anderen Leibes als Wirkungen in Beziehung zueinem Wollen bestimmt, das als wirkende Bedingung der mit jenem Leibe zu- Sammengehörigen Seele zugehört hat. Jener, der Tun eines Anderen ver- Stehen will, hat also sozusagen nur einen „Außenaspekt“ jenes Gegebenen und muß eine besondere Verkettung von Wirkenseinheiten „nach rück-